Wirbel um eine lokale Tradition: Zirkus statt Pfingstenkranz?

 

Kultur in Oelde: Zirkus contra Pfingstenkranz

Kultur in Oelde: Zirkus contra Pfingstenkranz © Leserfoto

Zum Brauchtum an Pfingsten zählt der Tanz um den traditionellen Pfingstenkranz, dessen Wurzeln tief in der heidnischen Vergangenheit der Westfalen gründet. Nur in Oelde ist dieser Brauch noch erhalten, doch auch hier ist er gefährdet – in diesem Jahr durch eine parallel durchgeführte Zirkusveranstaltung.

War es bisher ein ungeschriebenes Oelder Gesetz, die Pfingsttage von anderen Großveranstaltungen frei zu halten und auf die übrigen 51 Wochenenden zu legen, so richtet sich in diesem Jahr »Circus Trumpf« vom 17. bis 20. Mai am Hallenbad ein und plakatiert in der Stadt auffallend.

»Eine solche Veranstaltung«, schreibt ein Leser des OELDER ANZEIGER, dessen Wunsch auf Anonymität wir selbstverständlich wahren, »geht eigentlich nicht ohne Genehmigung. Hat da jemand in der Verwaltung keinen Sinn für Oelder Brauchtum oder nur schlecht geschlafen? Ist das ein Schildbürgerstreich?«

Die Ursprünge des Pfingstenkranzes liegen wie die Entwicklung der jahrhundertealten Idee vom gemeinsamen Tanz im Dunkel der Geschichte. Im »Oelder Pfingstenkranzheftchen« von 1950 wird das Brauchtum wie folgt erklärt:

»Der Pfingstenkranz stammt aus der Zeit des Wotankults unserer Altvorderen, wo alljährlich im Wonnenmonat das ‘Mai- und Blumenfest’ gefeiert wurde.Wotan war der Hauptgott unter den Göttern der Germanen, der Gott der Ernte, des Ackerbaus und der Viehzucht. Die größte Rolle auf dem Maifest, der Freude über das Erwachen der Natur Ausdruck geben sollte, spielte der Maibaum, in seiner ursprünglichen Form eine mit Bändern und Fähnchen geschmückte Birke (das Symbol der Gesundheit und der Fruchtbarkeit, der heilige Baum Freyas), die in vielen Gegenden unter Gesang von Haus zu Haus getragen und zuletzt auf dem Marktplatz des Ortes aufgestellt und von jung und alt bis in die Nacht hinein umtanzt wurde.Dieser Maibaum ist ein Pfingstenstuhl. Im Laufe der Jahrhunderte erhielt der Maibaum einen christlichen Einschlag, und die uralten Lieder, die der Naturverehrung dienten, wurden vermischt mit Liedern der christlichen Religion.«

Für Oelder sind Pfingsten und der Pfingstenkranz ein zusammengehörender Begriff. Das mit Zweigen und Fahnen geschmückte Dreibein  hat es sogar zu einem eigenen Wikipedia-Artikel gebracht. Insbesondere die Jugend hat sich diesem Brauchtum stets gern geöffnet, ist sie es doch, die hier ihrer Lebensfreude mit Reigenliedern wie »O Buer, wat kost’ ju Hei?« Ausdruck geben kann.

Wenn nun eine Zirkusvorstellung in Konkurrenz zu diesem uralten, schönen Brauch veranstaltet wird, stellt sich schon die Frage, ob darin Absicht liegt …

fri

Pfingstenkranz am Kassenhäuschen? Foto: © Schwichtenhövel

Pfingstenkranz am Kassenhäuschen? Foto: © Schwichtenhövel