Die Gartenschau hat den Oelder Stadtpark bekannt gemacht – nun muss eine künftige Nutzung diskutiert werden … Foto: ©Ruprecht Frieling
Die Aufhebung der Eintrittspflicht des Oelder Stadtpark Park bedeutet ein einmaliges “Schmerzensgeld” von 1.192 Millionen Euro sowie 320.000 € p.a. an Jahreseinnahmeverlust. Dies war am 17. April in der “Glocke” zu lesen. Hinzu kommen würde bei einem wieder frei zugänglichen Park die Qualitätsminderung. Der OELDER ANZEIGER hat sich die Einnahmen und Ausgaben der letzten Jahre sowie die kostenneutralen und kostenpflichtigen Bereiche angeschaut.
1.192 Millionen Euro müsste die Stadt Oelde an das Finanzamt zahlen, wenn der Eigenbetrieb des Vier-Jahreszeiten-Parks zurück an die Stadt gehen würde. Zu dem Bürgerbegehren, den Park wieder kostenfrei zugänglich zu gestalten, gab es hitzige Diskussionen, unter anderem auch in der Facebook-Gruppe “Du bist Oelder, wenn…” mit seinen 3.500 heimatverbunden Mitgliedern.
Es wird auf der einen Seite argumentiert, dass ein wieder für alle frei zugänglicher Park schnell verwüstet würde: Hundekot, Graffiti und Zerstörung würden einziehen.
Andere Bürger fahren mit Ihren Hund z.B. in den Nachbarpark nach Rheda, um dort kostenfrei mit der gesamten Familie spazieren gehen zu können. Dieses ist im Vier-Jahreszeiten-Park nicht möglich. Qualität hat einen Preis und der muss an der Kasse entrichtet werden.
In den kostenfreien Parkbereichen herrsche Vandalismus und Dreck. Im kostenpflichtigen Bereich, der eingezäunt ist, sei alles in Ordnung, heißt es auf der anderen Seite.
Die SPD fordert, dass die Stadt Oelde mit der Bundestagswahl am 22. September 2013 eine Befragung der Bürger vornimmt.
Bis hierhin haben wir bereits viele Meinungen gelesen, verfolgt und diskutiert. Aber oftmals fehlt es der objektiven Grundinformation zu dem komplexen Thema.
Der einstige Oelder Stadtpark war vor der Landesgartenschau 2001 kostenfrei für alle zugänglich. Für den Umbau des Parkes zur Landesgartenschau wurden Kredite aufgenommen, um das Mammutprojekt zu realisieren. Während der Landesgartenschau war die Grünfläche ein wirklicher Hit. Aber in den Folgejahren konnte der Erfolg nicht mehr gehalten werden.
Die Ergebnisse der öffentlich zugänglichen Jahresabschlussberichte für den Eigenbetrieb des Forums Oelde sind der folgenden Grafik zu entnehmen.
Die harte Realität. Abschlussberichte von 2004 – 2006 konnten nicht gefunden werden
Aus der Gegenüberstellung wird deutlich: Die Schere zwischen den Einnahmen und den Ausgaben klafft deutlich auseinander. Dazu kann man den Protokollen des Oelder Rathauses zu den Jahresabschlüssen entnehmen, dass die Defizite stets aus den allgemeinen Rücklagen beglichen wurden. .
Die Prüfungsunternehmen, die den Eigenbetrieb Forum jährlich durchleuchtet haben, urteilen z.B. wie folgt:
Die Grundsätzliche Feststellung des Prüfungsunternehmen schreibt in der Beurteilung, dass 2010 keine deutlichen Veränderungen gegenüber dem vorigen Geschäftsjahr vorzuweisen ist. Die Ertragslage ist aufgrund der Geschäftstätigkeit des Forums deutlich defizitär.
In einem anderen Jahresabschlussbericht heißt es unter anderem
Zu berücksichtigen ist, dass der Eigenbetrieb als Dauerverlustbetrieb auch zukünftig auf Eigenkapitalstärkungen durch die Stadt Oelde angewiesen ist.
Bezüglich der Jahresabschlussberichte hat der OELDER ANZEIGER mit der Stadt Oelde und dem Forum Oelde Kontakt aufgenommen, um zu erfragen, wie die Zahlungen aus den allgemeinen Rücklagen und dem Handeln gerechtfertigt werden.
Die Antworten von Herrn Volker Combrink, Pressesprecher Stadt Oelde, Herrn Ludger Junkerkalefeld, Leitung Forum Oelde , sowie Herrn Schmid, Kämmerer, werden hier im vollem Wortlaut veröffentlicht.
OELDER ANZEIGER:
Bei den frei zugänglichen Jahresabschlussberichten ist uns aufgefallen, dass die beauftragten Wirtschaftsunternehmen das Arbeiten des Forums als defizitär bzw. als nicht bzw. niemals lukrativ bewerten ( z.B.: Bericht aus 2009 ).
Wir bitten Sie um eine Aussage, wie die Zahlungen aus den allgemeinen Rücklagen der Stadt Oelde an das Forum gerechtfertigt wurden?
- Wie bilden sich diese Rücklagen?
- Wer entscheidet über die Verwendung der Rücklagen?
- Wie lange halten die Rücklagen?
- Würde die Stadt in die Haushaltssicherung rutschen, wenn der Park wieder städtisch wird? Was wären die Konsequenzen für Oelde?
Stadt Oelde / Forum:
Der städtische Haushalt besteht aus verschiedenen Produktbereichen, Produktgruppen und Produkten (z.B. der Inneren Verwaltung, dem Gebäudemanagement, dem Ordnungswesen, die Abwasserentsorgung, der Grünpflege, der Kultur oder der Allgemeinen Finanzwirtschaft). Teile der Grünpflege (Vier-Jahreszeiten-Park) und die Ausrichtung kultureller Veranstaltungen sind auf den Eigenbetrieb Forum übertragen.
In all diesen Bereichen entstehen Aufwendungen und Erträge, d.h. die Stadt wendet Finanzmittel auf und erhält Finanzmittel. Es liegt in der Natur der Sache, dass nicht jeder Bereich sich selbst finanzieren kann. Z.B. hat das Gebäudemanagement nur wenige Erträge, ist aber für den Bau und die Unterhaltung aller städtischen Gebäude verantwortlich.
Die Abwasserentsorgung wird über Gebühren finanziert, die von den Bürgern bezahlt werden, trägt sich also quasi selbst. In der Allgemeinen Finanzwirtschaft werden Steuereinnahmen erzielt, es gibt aber relativ geringe eigene Aufwendungen. Deshalb finanziert er sie die defizitären Bereiche mit.
Der Vier-Jahreszeiten-Park beim Forum Oelde erzielt Erträge über den Park-Eintritt, diese sind aber nicht hoch genug, um ihn und seine Einrichtungen komplett auf diesem Wege zu finanzieren. Würde man Eintrittspreise erheben, die alle Kosten decken, so würde sich wohl niemand mehr den Eintritt leisten wollen. Würde man gar keinen Eintritt erheben, gleichzeitig aber den Park in seiner derzeitigen Form weiter betreiben, wäre das nur über Steuererhöhungen möglich, oder man müsste andere Aufgaben aufgeben. In ähnlicher Weise gilt das z.B. für die Kulturveranstaltungen, die Stadtbücherei oder die Volkshochschule oder Teile der Jugendhilfe.
Der Rat der Stadt Oelde beschließt für jedes Jahr einen Haushaltsplan, in dem festgelegt wird, welche Bereiche wie viel Geld bekommen sollen. Wenn die Gesamtsumme der Aufwendungen höher ist als die der Erträge, muss die Differenz aus der Allgemeinen Rücklage der Stadt bestritten werden. Das war in den vergangenen Jahren meistens der Fall.
Die Allgemeine Rücklage ist ein Posten auf der Passivseite der Städtischen Bilanz und gibt die Differenz aus sämtlichen Aktivposten und sämtlichen Passivposten wieder (also im Wesentlichen zwischen Vermögen und Verbindlichkeiten). Sie wurde mit der Eröffnungsbilanz 2008 gebildet. Darüber, ob und in welcher Höhe sie in Anspruch genommen werden soll, entscheidet der Rat mit dem Beschluss des Haushaltsplans bzw. mit dem Jahresabschluss, der nach dem Ende jedes Haushaltsjahres aufgestellt wird. Er ist sozusagen die Endabrechnung.
Die Allgemeine Rücklage betrug am 31.12.11 rund 78 Mio. €. Wie lange sie hält hängt davon ab, in welcher Höhe sie in Anspruch genommen wird, im Jahr 2011 z.B. 1,335 Mio €. In den Krisenjahren 2009 und 2010 waren es sogar 8 bzw. 11 Mio. €.
Der Park ist auch heute städtisch, wird allerdings beim Eigenbetrieb Forum Oelde als Betrieb gewerblicher Art geführt. Würde er diesem entnommen und wieder in den hoheitlichen Bereich überführt, so müsste die Stadt Umsatzsteuer i.H.v. ca. 1,2 Mio. € zurückzahlen.
Zudem würden Eintrittsgelder und jährliche Steuervorteile entfallen (insgesamt. ca. 320.000 €).
Damit würde die Stadt Oelde in die Haushaltssicherung rutschen und der Rat könnte nicht mehr frei darüber entscheiden, welche Mittel er für welche freiwilligen Aufgaben verwenden möchte. Sie könnte auch verpflichtet werden, die Steuern zu erhöhen. Es wäre ein Konzept aufzustellen, wie mittelfristig wieder ein ausgeglichener Haushalt erreicht werden kann.
OELDER ANZEIGER:
Welche Pläne gibt es, um die Einnahmen zu erhöhen?
Stadt Oelde / Forum:
Insgesamt sind wir mit der Ertragslage zufrieden.
Wir haben gut besuchte Veranstaltungen im Kultur/Eventbereich, der Oelder Fachhandel ist ein aktiver Partner im Bereich des Citymanagements, über 800 Gruppen mit über 11.000 Besuchern im Kindermuseum ist ein Spitzenwert, der wunderbare Pflegezustand im Vier Jahreszeiten Park findet allgemeine Anerkennung und der Verkauf der Tageskarten und Jahreskarten ist im Vergleich zu den Vorjahren stabil( 0bwohl die langanhaltende Diskussion sicherlich nicht Verkaufs – förderlich war!) , die regionale Bewerbung der Stadt ist erfolgreich ( siehe FET; HET ; Weihnachtsmarkt, Parkbesuche, Touristen).
Unser Ziel ist daher, diese Ertragswerte zu stabilisieren. Unsere Aufmerksamkeit gilt daher vorrangig der Aufwandsseite.
OELDER ANZEIGER:
Wie werden Kosten reduziert?
Stadt Oelde / Forum:
Im Eigenbetrieb Forum gibt es eine Verknüpfung von Aufwand und Ertag. Streichen wir beispielsweise Aufwendungen für Veranstaltungen, können wir auch die damit verbundenen Erträge nicht erzielen.
Es gilt also eine ausgewogene Balance zwischen einem erfolgreichen Angebotsprofil und den damit verbundenen Aufwendungen zu finden. „ In einem Laden mit wenig Ware, kauft man auch nicht ein.“
Ein Mittel der Reduzierung von Kosten sind Ausschreibungen von Leistungen. Mit der synergetischen Verknüpfung von Arbeiten ( zum Beispiel zusammen mit der Stadt Oelde oder regionalen Partnern/ Nachbarstädten) können ebenfalls Kostensenkungen erzielt werden. Ein aufmerksames Controlling der laufenden Ertrags- und Aufwandssituation ist ebenfalls für eine strenge Kostenkontrolle unabdingbar.
OELDER ANZEIGER
Werden bestehende Unternehmen, die zur Pflege / Instandhaltung eingesetzt werden regelmäßig auf Erfüllung der Arbeiten geprüft? ( z.B. Abnahme der durchgeführten Arbeiten ?, Offerten- vergleich etc.)
Stadt Oelde / Forum:
Ja. Täglich.
OELDER ANZEIGER:
Was würde sich das Forum wünschen oder wie können die Oelder den Park unterstützen, damit es zu einem Weg kommt, den alle gemeinsam gehen können?
Stadt Oelde / Forum:
Das der Rat der Stadt bald eine Entscheidung trifft, die von allen Seiten demokratisch anerkannt wird. Auf dieser Basis sollten dann „ die Oelder“ ihren Vier Jahreszeiten Park als vielfältiges Angebot mit Freude nutzen und nachhaltig weiterentwickeln. Eine wunderbare Aufgabe !!
Wir danken an dieser Stelle den Herren Combrink, Junkerkalefeld und Schmid für die Auskünfte und Fakten zum Thema des Parks.
Kürzlich hat der OELDER ANZEIGER in einer Begehung die Stichpunkte Vandalismus und Schmutz des Parkes in Augenschein genommen und ist an einem normalen Wochentag durch den öffentlichen Bereich des Parks gegangen.
Am frei zugänglichen Spielplatz zwischen Friedhof, Theodor-Heuss-Hauptschule und Thomas Morus Gymnasium liegt deutlich mehr Abfall herum. Auch wurden einige verbeulte Mülltonen vorgefunden.
Auf der Gesamtstrecke von ca. 800 Metern wurden aber lediglich zwei Hundehaufen am Wegesrand gefunden. Vorbildlich schön und sauber fanden wir die öffentlichen Rosengärten vor. Von Vandalismus war an diesem Tag keine große Spur.
Im kostenpflichtigen Teil des Parks konnte man sehen, dass dieser grundsätzlich sauberer ist.
Aber auch hier haben wir Plastikmüll, einen kaputten Zaun, Taschentuchreste und haufenweise Entenkot vorfinden können.
Zusammenfassend sind wir der Meinung, dass die Diskussion über den künftigen Parkeintritt nicht über die Stichworte Hundekot und Vandalismus ausgetragen werden sollte.
Das Konzept sollte vielmehr komplett überdacht werden und eventuell neue Einnahmequellen geschaffen werden. Hierzu hat die Stadt Oelde bereits Signale gegeben, und es wird über ein neues Eintrittsmodel aktuell diskutiert.
Hier wird sich aber der Fuchs selber in den Schwanz beißen: Wenn die Einnahmen weiter sinken, klaffen Einnahmen und Ausgaben weiter auseinander, und das Defizit wird größer. Auf der anderen Seite würden die Bürger wieder einen Park erhalten, der eventuell kostengünstiger und damit vermutlich auch häufiger besucht werden kann. Schließlich würden noch mehr Gelder aus den allgemeinen Rücklagen in den Park fließen was eventuelle Steuererhöhungen mit sich bringen könnte. An der Schautafel wiederum sieht man, dass seit vielen Jahren mehrere Millionen Euro Verlust jährlich gefahren wird. Der Eigenanteil des Betriebes Forum schrumpft.
Dies erklärt auch die Meinung des Forums Oelde, dass der Park weiterhin wie gehabt kostenpflichtig bleiben soll, wie auf der Seite des Radiosenders Radio WAF zu erfahren ist.
Alle diese Punkte sollten bei der kommenden Sonderratssitzung am 10. Juni berücksichtigt werden. Langsamer Dauerverlust oder radikale Änderung des Geschäftsmodells? Die Politik muss hier eine tragfähige Entscheidung treffen, mit der alle gut Leben können.
Von links nach rechts im geschlossenen Parkbereich: Defekter Zaun, Sylvesterkracherüberreste auf der Burgwiese, Entenkot am Weg bei der Sparkassen-Waldbühne, Müll an den Hängematten.
Alle Fotos © Schwichtenhövel
Quellen zu den Zahlen:
http://web.pregocms.de/oelde/sessionnet/buergerinfo/to0040.php?__ksinr=405&toselect=5315
http://web.pregocms.de/oelde/sessionnet/buergerinfo/vo0050.php?__kvonr=1707&search=1
http://web.pregocms.de/oelde/sessionnet/buergerinfo/to0040.php?__ksinr=473&toselect=6006
http://web.pregocms.de/oelde/sessionnet/buergerinfo/to0040.php?__ksinr=836&toselect=11177
http://web.pregocms.de/oelde/sessionnet/buergerinfo/to0040.php?__ksinr=968&toselect=12232
http://web.pregocms.de/oelde/sessionnet/buergerinfo/to0040.php?__ksinr=1094&toselect=13922
http://web.pregocms.de/oelde/sessionnet/buergerinfo/to0040.php?__ksinr=1236&toselect=15743
http://web.pregocms.de/oelde/sessionnet/buergerinfo/vo0050.php?__kvonr=2510&search=1
http://web.pregocms.de/oelde/sessionnet/buergerinfo/vo0050.php?__kvonr=3904&search=1
http://web.pregocms.de/oelde/sessionnet/buergerinfo/vo0050.php?__kvonr=3366&search=1
http://web.pregocms.de/oelde/sessionnet/buergerinfo/vo0050.php?__kvonr=3717&search=1