Yeah, yeah, yeah: Beat im Blut

Am 20. September rocken sie die Overberg-Schule: Prinz Rupi mit »Richy & Hüby«

Zwei altgediente Oelder Musiker werden Ruprecht »Prinz Rupi« Frieling auf dessen Veranstaltung »Wie der Beat nach Westfalen kam« am Donnerstag, 20. September, um 20 Uhr begleiten: »Richy & Hüby« wollen den Zuhörern einheizen und ein Gefühl für die Musik der damaligen Zeit vermitteln. Aufgrund der großen Nachfrage wird die Veranstaltung vom Heimathaus in die Aula der Overberg-Schule, Marienstraße 13, verlegt.

Ruprecht »Prinz Rupi« Frieling erzählt, wie die Beatmusik Oelde infizierte

Ruprecht Frieling freut sich sehr, als Begleitband für seinen Vortrag über die wilde Zeit Ende der Siebziger Jahre »Richy & Hüby« gewonnen zu haben, die viele der alten Hits aus dem Handgelenk spielen können.

»Seit 55 Jahren stehen die beiden Rock ‘n’ Roller auf der Bühne und waren schon in den Geburtsstunden der Beat-Bewegung dabei,« meint der in Berlin lebende Autor und Journalist. »Deshalb bin ich total happy, diese beiden Barden, die den Beat im Blut haben, als Begleitung gewonnen zu haben«.

Der in den bunten Zeiten der Flower-Power-Bewegung und Beat-Revolution in Oelde aufgewachsene Autor und Journalist Ruprecht Frieling erzählt, wie der Beat in den 60er Jahren die westfälische Provinz eroberte und den Generationenkonflikt schürte. Er erinnert an die damalige Szene, deren Einfluss viele Jugendliche zu einem Bruch mit den verstaubten Konventionen der noch vom Dritten Reich geprägten Elterngeneration bewegte. Er erlebte eine Zeit, in der die als »Negermusik« kritisierte Beatmusik die Jugend elektrisierte und viele Eltern und Pädagogen in die Verzweiflung trieb.

Um 1968 waren sie das Leitidol vieler junger Oelder: The Beatles

In Oelde aufgewachsen zählte Frieling zu den jungen Leuten, die jeden Pfennig sparten, um die Idole der damaligen Zeit live zu erleben. Im Herforder »Jaguar-Club« traf er vor einem halben Jahrhundert internationale Top-Stars. Dort sah er ab 1966 legendäre Konzerte von »The Cream«, »Jimi Hendrix Experience«, »Casey Jones and The Governors«, »The Remo Four«, »The Liverbirds«, »Spencer Davis Group«, »The Small Faces«, »The Who« und vielen anderen Weltklassemusikern. Er hörte die berühmten deutschen Gruppen jener wilden, exzessiven Zeit von »The Rattles« über »The Scorpions« und »The German Bonds« bis hin zu »The Jaguars«, den Namenspatronen des Clubs.

Let the good times roll … Richy rockt Oelde

Aber auch in Oelde selbst gab es berühmt-berüchtigte Veranstaltungsstätten wie »Der Blaube Täuber« in der Lindenstraße oder später die Diskothek »Meranchito«, in der zur Beatmusik getanzt wurde. Oelder Bands wie »The Souls«, »The Rowdies«, »The Little Sharks« und die »Colorados«, aus denen Richy & Hüby hervorgingen, begeisterten die einheimischen Jugendlichen.

Wer sich an jene wilde Zeiten erinnern möchte, in denen Beatniks mit Haartracht, Outfit und Musik ein komplett anderes Lebensgefühl dokumentierten, der ist am Donnerstag, 20. September um 20.00 Uhr dabei, wenn Ruprecht Frieling aus dem Brunnen der Erinnerung schöpft und erzählt, wie der Beat in die Provinz kam. Ort des Geschehens ist die Aula der Overberg-Schule, Marienstraße 13.

Karten im Vorverkauf in der Confiserie Rochol, Lange Straße 27, oder per E-Mail formlos unter [email protected]. Die bestellten Karten werden zugesandt.




Oelder Geschichte und Geschichten

Von “Ewigen Lampen” und “Rosengärten”

Eine Geschichte von Heinz Werner Drees mit Bildern von Norbert Löbbert.

Meine erste Bekanntschaft mit einer Oelder Gaststätte hatte ich im zarten Alter von ungefähr vier Jahren. Mein Vater, der sonntags zum Frühschoppen ausging, nahm mich eines Tages an die Hand und sagte: Komm mit, ich gebe einen aus! Doch bevor wir das Haus verließen, wurde der Junge von Mutter und Großmutter sonntagsmäßig angekleidet und gekämmt. Mein Vater, wie immer am Sonntag, trug Anzug, Oberhemd und Schlips. Seine wenigen Haare waren ordentlich frisiert, sein Kinn nass rasiert und von einer leichten Pitralon-Wolke umhüllt.

Schon bald betraten wir gemeinsam eine Gaststätte in der Nachbarschaft. Der kleine Gast wurde auf einen Thekenschemel gesetzt und staunte die Welt an. Die Herren um mich herum tranken vorzugsweise Bier oder Pils, ich bekam einen Apfelsaft. Der gesamte Thekenraum war in eine gewaltige Qualmwolke gehüllt, bestehend aus Zigaretten-, Pfeifen- und Zigarrenrauch. Nachdem ich allen möglichen Leuten nach Art der Erwachsenen freudig zugeprostet hatte, bekam ich von einem Bekannten meines Vaters zehn Pfennige geschenkt. Das Geldstück verschwand schon bald im Geldschlitz eines Automaten, der mir wie ein Wunder vorkam. Geld einwerfen,  kräftig drehen und schon war die Kinderhand voll mit gesalzenen Erdnüssen. Herrlich !

Mit der Zeit erfuhr ich dann, dass es allein auf dieser Straße vier “Kneipen” gab. Vorneweg die Gaststätte Feldmeier, später war dort ein Imbissbetrieb, oder auch die berühmte KAKO-BAR. Gegenüber der Lindenhof mit einer wunderschönen Terrasse im Garten. An Sommerabenden funkelten dort bunte Laternen, Kellner huschten hin und her und zur Tanzmusik drehten sich die Paare im Kreis. Schräg gegenüber vom Lindenhof befand sich der “Blaue Täuber“, ein Vereinslokal für Sportler und auch Treffpunkt für die zahlreichen Taubenfreunde, eine Gaststätte mit einem angegliederten Saal, in dem Kasperletheater und viele Jahre später auch Beatmusik gespielt wurde. Im Oelder Sagenschatz gibt es auch die Anekdote über den “angesäuselten” Herrn, der die Strecke vom Blauen Täuber zum Lindenhof, oder auch umgekehrt, mit dem Taxi bewältigte! Oder auch die Geschichte vom Oelder Schrotthändler, der mit Pferd und Wagen durch Oelde rumpelte und wo das Pferd angeblich genau wusste, an welcher Gaststätte es anzuhalten hatte!

Und am Ende der Straße gab es noch die Gaststätte Bentler, eine Mischung aus Kneipe und Lebensmittelgeschäft. Gut erreichbar war der Hintereingang der Gaststätte über das “Gängsken”, einem kleinen von Gärten und Hecken umsäumten Fußweg zwischen Bult- und Lindenstrasse.

Auf dem Moped Jochen Köning auch Oese genannt. Im Fenster sieht man Werner Hövel

Insgesamt gab es in der Stadt eine  hohe Kneipendichte, so dass mehrere Gaststätten auf einer Straße keine Seltenheit waren. So zum Beispiel  auf der Ruggestrasse: dort befand sich auch die ehrwürdige “Ewige Lampe”. Ein älterer Oelder Bürger erzählte mir, dass  diese Gaststätte so hieß, weil dort immer geöffnet war. Ein interessanter Gedanke, ein Leben ohne Sperrstunde. Niemand muss verdursten! Ich bin mir allerdings sicher, dass diese Sperrstunden immer wieder kontrolliert wurden, aber ich bin mir ebenso sicher, dass es viele “zugekniffene” Augen gab.

Es gab zahlreiche Nachbarschafts-, Eck- oder Arbeiterkneipen, wo sich die Leute nach Feierabend trafen, um sich bei einem “Kluck” und Bier von der Arbeit zu erholen. Zur Stärkung der Gäste wurden auch überall leckere Speisen angeboten. Ob Mettbrötchen, selbst gemachte Frikadellen, Wurstbrötchen, Suppen, Bockwurst, Kartoffelsalat: die angebotenen Speisen waren immer willkommen, lecker und häufig schnell ausverkauft.

Die Gaststätten waren immer gut besucht und besonders am Freitag  füllten sie sich schnell und regelmäßig. Das Wochenende nahte und viele Arbeitnehmer bekamen ihre wöchentliche Lohntüte ausgehändigt. Viele Männer gingen – statt nach Hause – direkt ins Gasthaus. Zum Lohntütenball! Nicht selten erwarteten die Ehefrauen ihre Männer an den Werktoren oder Kinder wurden in die Gaststätten geschickt, um den Vater mit der noch gefüllten Lohntüte nach Hause zu holen.

Auch für die Unterhaltung der Gäste wurde gesorgt, so stand fast in allen Kneipen eine Musikbox. Darin wurden – nach Einwurf von Geldstücken – Schallplatten abgespielt. Über eine Liste wurde die gewünschte Musik ausgesucht, angewählt und schon ging es los.

Knobelbecher gab es eigentlich an allen Theken, dort wurde mit “Meier” und “Chicago” so manche Runde ausgeknobelt. Beliebt waren auch das Kegeln und das Kickern. Später kamen dann Billardtische dazu oder die herrlich blinkenden und fiependen Flipperautomaten.

In manchen Gasthäusern bildeten sich Sparclubs: alle Mitglieder zahlten regelmäßig ihren Beitrag ein, dann wurde der Betrag meistens um die Weihnachtszeit bei einem Sparfest ausgezahlt.

Beliebt waren auch die gelegentlich stattfindenden Brauereibesichtigungen. Dazu luden die Wirte ein und ganze Busladungen wurden zu den umliegenden Brauereien gekarrt. Nach einer Betriebsbesichtigung erfolgte dann der von Vielen schon erwartete gemütliche Teil.

Natürlich gab es in unserer Stadt auch die “feineren” Adressen. Hotels, wie das ehemalige Bahnhofhotel oder Gaststätten, in denen sich die Honoratioren der Stadt trafen. Dort fanden häufig Empfänge, Tanzveranstaltungen oder Feiern statt. Das Oelder Bahnhofhotel war in den fünfziger und sechziger Jahren das gastgebende Hotel für die alljährlich stattfindende Diplomatenjagd. Mit der Anwesenheit des Bundespräsidenten und seinem Gefolge schnupperte die Stadt für kurze Zeit am Duft der großen weiten Welt.

Die Sharks von links: Erich Lobemeier, Peter Lobemeier, Burkhardt Heringhof † (auch Haifisch genannt) und Uli Remfert Foto: © Peter Lobemeier

2014-11-02-Sharks copyEtwas außerhalb der Kernstadt lagen die Gasthöfe Düding und Kramer’s Mühle. Gegenüber letzterer Gaststätte, am Rande des ehemaligen Stadtparks, stand seit Jahrhunderten die Wassermühle, deren Mühlräder vom Axtbach und vom Mühlenteich mit Wasser versorgt wurden. In der Gaststätte waren in den sechziger Jahren die Wirtsleute Lilo und Robert zu Hause. Durch die gemütliche Atmosphäre und die Freundlichkeit der Gastgeber war der Schankraum immer gut gefüllt. In der ehemaligen Wassermühle probte damals die über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Band LITTLE SHARKS. Die Musiker, mit ihren zahlreichen Freunden und Bekannten der Band und viele Schüler der Oelder Technikerschule waren häufig Gäste in Kramer’s Mühle.

Ganz besonders an den Sonntagen, zu Kaffee und Kuchen, zogen viele Oelder in die umliegenden Gasthöfe, zu Niehüser, Thüer’s, Eck-Willm oder in den Gasthof Dämmer.

Ende der sechziger Jahre kündigte sich eine neue Zeit an ! Die Disco-Welle rollte an und auch in Oelde eröffnete im Jahre 1968 die unweit vom Marktplatz und Johannes-Kirche gelegene Discothek MERANCHITO.

Nette Damen hinter der Theke

Leute treffen, laute Musik hören, tanzen, eine spezielle Beleuchtung: der Laden war ein echter Knüller. Legendär waren im MERANCHITO die Pils-Stunden. Dann wurde für die Dauer einer Stunde der Bierpreis gesenkt, was immer für eine gehobene Stimmung und Massenbestellungen sorgte.

Im Norden der Stadt, am Plümmerskotten, betrieb die Familie Strauhal viele Jahre lang die Gaststätte Rosengarten. Der Schankraum und die nebenan gelegene Haifisch-Bar waren immer gut besucht, im Rosengarten ging es hoch her. Im saalähnlichen Raum neben der Theke fanden ab Ende der sechziger Jahre regelmäßig am Wochenende Disco-Abende statt. Detlef und Wolfgang Strauhal präsentierten dort den SUNDAY-CLUB.  Mit viel Musik, bunten Lichtern und Tanz wurde eine tolle Disco-Atmosphäre geschaffen, wo sich dann zu später Stunde das Publikum aus Kneipe und Disco vermischte.

Abseits dieser Schilderungen gab es natürlich weitere Gaststätten, Bars und Nachtlokale.

Und es gab unsere damaligen Jugend-Treffpunkte im Kupfergrill, Hahnenteller oder in Stucki’s Imbissbude.

Text: Heinz Werner Drees

Zeichnungen: Norbert Löbbert

Fotos: Heinz Werner Drees