Was geht bei der »Glocke« vor?
Rumort es bei der Oelder »Glocke«? Darauf lässt das plötzliche Ausscheiden des bisherigen Stellvertretenden Chefredakteurs Dirk Baldus schließen. »Glocke«-Urgestein Baldus wirkte seit neun Jahren als rechte Hand des Chefredakteurs Fried Gehring und leitete zuvor alle Zentral- und Lokalredaktionen in Auftrag durch Fried Gehring. Der OELDER ANZEIGER recherchierte den spektakulären Vorgang.
Unter der rund 230-köpfigen »Glocke«-Belegschaft schlug die Nachricht vom Ausscheiden des bisherigen Stellvertretenden Chefredakteurs Dirk Baldus wie eine Bombe ein. Anmerkung d. Redaktion: In einem Schreiben vom 18.11. weißt Fried Gehring darauf hin: »Über das Ausscheiden des Herrn Baldus wurde die Belegschaft, wie in solchen Fällen üblich, durch die Geschäftsführung informiert. Eine solche Personalie wird nicht publiziert«
Heimlicher Wechsel an der Redaktionsspitze?
Der Leserschaft der Heimatzeitung wurde die Trennung verschwiegen. Nur wer täglich das Impressum verfolgte, entdeckte, dass von einem Tag auf den anderen der Name Dirk Baldus getilgt war. Baldus war seit Juli 2008 Stellvertretender Chefredakteur der »Glocke« und galt als treuer Mitarbeiter der Redaktion.
Gegenüber dem OELDER ANZEIGER bestätigte Fried Gehring offiziell in einem Schreiben, dass Dirk Baldus den Verlag verlassen hat.
»Dirk Baldus hat sich mit hohem Einsatz große Verdienste um die „Glocke“ erworben. Seiner Entscheidung, den Verlag zu verlassen, begegnen wir mit Respekt, es begleiten ihn unsere guten Wünsche.«, schreibt Gehring in seiner Antwort auf unsere Anfrage. Relativierend weist der amtierende »Glocke«-Chefredakteur darauf hin, dass schon einige ehemalige Mitglieder des Redaktionskollegiums der „Glocke“ andernorts zu hohen beruflichen Ehren gekommen sind: »So wurde Thorsten Strauß zunächst Leiter der Unternehmenskommunikation bei Arvato, dann bei Bertelsmann, ist heute in leitender Position bei der Deutschen Bank tätig. Ralf Geisenhanslüke prägt als Chefredakteur der Neuen Osnabrücker Zeitung die multimedialen Inhalte dieses Verlages, der inzwischen die gesamte Medienholding Nord übernommen hat.«
Künftig wird die Redaktion der »Glocke« von Fried Gehring geführt. In die Redaktionsleitung neu aufgenommen wurde Nicolette Bredenhöller.
Toll: Die »Glocke« wird nicht verkauft!
Gerüchte, die »Glocke« soll an Wettbewerber veräußert werden, weist Gehring zurück:
»Wie sich Gerüchte entwickelt haben könnten, dass die „Glocke“ verkauft werden soll, verstehe ich nicht. Wir stehen auf einem soliden finanziellen Fundament, legen größten Wert auf unsere Unabhängigkeit.«
Allerdings ist die verkaufte Auflage des Heimatblattes seit 1998 (04.1998 – 03.2017) um 19,9 Prozent gesunken. Das entspricht einem Rückgang von 12.813 Stück. Mit ihren sechs Lokalausgaben erreicht »Die Glocke« laut IVW noch eine verkaufte Auflage von 51.685 Exemplaren. Der Anteil der Abonnements an der verkauften Auflage liegt bei 90 Prozent. Die »Glocke« legt nach Aussagen ihres Rechtsvertreters, Dr. Ralf Petring, Wert auf die Feststellung, dass diese Zahlen den diesbezüglichen Branchentrend, der mehr als doppelt so hoch ist, »deutlich unterschreiten«.
Als mögliche Kandidaten für die Übernahme der »Glocke« gelten deren Wettbewerber »Westfälische Nachrichten« (»Münstersche Zeitung«, «Ahlener Zeitung«), »Neue Westfälische« und »Westfalen-Blatt«.
War der Verkauf der Buchhandlung Signal?
In diesem Zusammenhang erinnern Beobachter an die Schließung der traditionsreichen Buchhandlung Holterdorf am 1. Januar 2016. Der OELDER ANZEIGER hatte am 22. August 2014 aufgedeckt, dass die Immobilie zum Preis von 750.000,- von der Sparkasse Münsterland-Ost angeboten wurde. Dirk Holterdorf, Geschäftsführender Gesellschafter der E. Holterdorf GmbH & Co. KG hatte seinerzeit die Verkaufsabsicht in einem Telefongespräch mit Torsten Schwichtenhövel vom OELDER ANZEIGER bestätigt. Dabei wurde abgewiegelt: »Ob die Buchhandlung in den Räumlichkeiten bestehen bleibt oder umzieht ist ungewiss.«
Tatsächlich wurde die Buchhandlung dicht gemacht und die Immobilie am Markt 1 an die Oelder Familie Heinz, Christoph und Georg Junkerkalefeld verkauft. Für Oelde war die Schließung der Buchhandlung ein kultureller Schock, zumal es keine Alternative vor Ort gibt.
Vor diesem Hintergrund ist es kein Zufall, dass nicht nur Medienexperten die Zukunft der »Glocke« aufmerksam beobachten.