Tilman Allerts Lesung rief Erinnerungen an Geschmäcker aus Kindheit hervor

Am vergangenen Sonntag, dem 19. November 2017, wurde den Gästen des Kulturguts Haus Nottbeck in Oelde eine besondere Lesung geboten.

Tilmann Allert Foto: Dirk Bogdanski

Tilman Allert, emeritierter Soziologieprofessor und Publizist, las im Gartenhaus gut gelaunt und unter Beigabe diverser Alltagsanekdoten aus seinem Werk „Der Mund ist aufgegangen. Vom Geschmack der Kindheit.“ (2016). Im Zentrum des schönen Bändchens stehen geschmackliche Erinnerungen an die Kindheit in der Nachkriegs-BRD.

Vom aufmüpfigen Gestus des Kaugummi-Kauens zum Geschick beanspruchenden Essen eines Nappo-Riegels vermochte Allert den geschmacklichen Erlebnissen ihre kindliche Magie zurückzugeben. Der für seine Alltagssoziologie bekannte Autor konnte Mal um Mal beweisen, dass er sich wunderbar darauf versteht, alltägliche Erfahrungen auf lebhafte und detailversessene Weise nachzuempfinden. Quittiert wurden seine literarischen Süßigkeiten deshalb vom wohligen Raunen eines wissenden Publikums – ja, genau so schien es tatsächlich geschmeckt zu haben, das Naschwerk einer unwiederbringlichen Kindheit!

Tilman beweist: Süßigkeiten heben die Stimmung Foto: Dirk Bogdanski

 




Tilman Allert liest aus „Der Mund ist aufgegangen.“

Eine ganz besondere Lesung erwartet die Zuhörer am morgigen Sonntag, den 19. November, auf dem Kulturgut Haus Nottbeck in Oelde-Stromberg.

Tilman Allert, Copyright Uwe Dettmar

Im Mittelpunkt stehen kulinarische Genüsse, denen unwiderruflich der „Geschmack der Kindheit“ anhaftet: Himbeer-Bonbons, Lakritze, Zuckerwatte, Vivil-Pastillen und mehr. Zusammengetragen wurden geschmacklichen Verheißungen in dem Buch „Der Mund ist aufgegangen“ von Tilman Allert, der mit Werken wie „Latte Macchiato“ oder jüngst „Gruß aus der Küche“ eine ebenso eloquente wie heitere „Soziologie der kleinen Dinge“ betreibt. Nun gibt der Autor und Kolumnist in amüsanten Capriccios Geschmacksgeschichten aus der Zeit des Wirtschaftswunders zum Besten. Ein nostalgischer Hochgenuss, ganz ohne jeden „klebrigen Beigeschmack“ (Walter Gödden im Westfalenspiegel). Allerts Gartenhaus-Lesung aus „Der Mund ist aufgegangen. Vom Geschmack der Kindheit“ beginnt um 16.30 Uhr – und wird sicherlich auch mit der einen oder anderen Leckerei garniert.

Wer kennt es nicht – das Lässigkeitsversprechen des Kaugummis, die giftgrüne Verheißung der Götterspeise oder den fast schmerzlich süßen Genuss eines Himbeerbonbons. Über derart köstliche Erfahrungen ruft Tilman Allert in „Der Mund ist aufgegangen“ den Kindheitsgeschmack seiner Generation wach und lässt damit gleichsam seine Leser in Erinnerungen schwelgen. Allert sinniert aber nicht nur über Süßes, Herzhaftes oder Saures, sondern auch über die gesellschaftlichen Gegebenheiten dieser Zeit.Wie ein vorsorglich in der Hosentasche verstautes „Vivil“ über die Befangenheit vor dem ersten Kuss hinweghalf, was der verlockend leuchtende Liebesapfel seinem Esser an Geschicklichkeit abverlangte und welcher Zungenakrobatik es bedurfte, um die Hostie vom Gaumen zu lösen, vermag Allert – bei aller mitschwingenden Nostalgie – äußerst amüsant und lebhaft vor Augen zu führen.

Dass Allerts „hochbekömmliche Essaypralinen“ (Die literarische Welt) dem Hörer auch bei seinen Lesungen das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen, ist keinesfalls eine unerwünschte Nebenwirkung.

Als emeritierter Professor für Soziologie und Sozialpsychologie versteht es Tilman Allert, nie allein bei der sinnlichen Erfahrung zu verharren, sondern immer auch kluge und überraschende Anschlüsse an kulturhistorische und alltagssoziologische Diskurse zu finden. Bekannt wurde der 1947 im westfälischen Lübbecke geborene Schriftsteller vor allem durch seine Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sowie in der Neuen Zürcher Zeitung und seine Werke „Der deutsche Gruß: Geschichte einer unheilvollen Geste“ (2005) und „Latte Macchiato. Soziologie der kleinen Dinge“ (2015). So schrieb er in einer Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (Ausgabe vom 26. Februar 2011) auch über die abenteuerliche Geschichte seines Vaters – ein schiitischer Moslem aus Aserbaidschan, der nach Deutschland gekommen war, um Arzt zu werden. Ihm wurde im September 1939 die deutsche Staatsbürgerschaft zuerkannt.

Wann und wo?

19.11.2017 um 16.30 Uhr

Lesung im Gartenhaus

Tilman Allert: Der Mund ist aufgegangen. Vom Geschmack der Kindheit.

Eintritt: VVK: 10 / 8 EUR; AK: 12 / 10 EUR

Weitere Informationen unter Tel.: 0 25 29 / 94 55 90 und www.kulturgut-nottbeck.de