Neunter November 1938

judenstern-zeichnung-torsten-schwichtenhoevelAm 9. November 1938 kam es im gesamten Deutschen Reich zu massiven Ausschreitungen gegen jüdische Bürger und jüdische Einrichtungen. Angehörige von SS (Schutzstaffel) und SA (Sturmabteilung) zerstörten Wohnungen, Geschäfte, Gemeindehäuser und Synagogen. Bei diesen Ausschreitungen und Misshandlungen kamen zahlreiche Menschen ums Leben. Die Hintergründe der Verfolgung waren der staatlich angeordnete Antisemitismus und Rassismus, die per Gesetz geforderte Arisierung und die vorgesehene Zwangsenteignung von jüdischem Eigentum. Damit sollte auch die deutsche Aufrüstung mitfinanziert werden.

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Die Zeichnung von Norbert Löbbert zeigt die alte Synagoge in Oelde, Ruggestraße 10

Übergriffe in Oelde

Auch in Oelde kam es zu organisierten Übergriffen. Die Synagoge auf der Ruggestraße wurde verwüstet, Geschäfte und Wohnungen ausgeräumt oder beschädigt. Die jüdische Bevölkerung in Oelde wurde verhöhnt, geschlagen und in Schutzhaft genommen.

Verantwortlich für diese Taten waren angeblich SA-Leute aus Ahlen, doch mit reger Beteiligung der Oelder Parteigenossen, darunter viele stadtbekannte Bürger.

Die Verfolgung der Juden endete im Holocaust und die Alliierten befreiten Deutschland im Mai 1945 vom nationalsozialistischen Terror.

Stolpersteine in Oelde

An die Übergriffe vom 09.11.1938 erinnern heute auch in Oelde eine Anzahl von Stolpersteinen, mit denen der Künstler Gunter Demnig europaweit an das Schicksal der verfolgten, deportierten und ermordeten Juden erinnern will.

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Von diesen Stolpersteinen findet man viele in Oelde. Sie stehen dafür, dass an dieser Stelle Menschen lebten, die entweder im KZ ermordet wurden, deportierte wurden oder die Flucht ergriffen. Foto Torsten Schwichtenhövel

Die Stolpersteine findet man unter anderen in Stadt Oelde in folgenden Straßen:

Jüdischer Friedhof in Oelde

Jüdischer Friedhof in Oelde
Foto: Heinz-Werner Drees

Lindenstraße 23

Lange Straße 45
Ruggestraße 2
Wallstraße 18

Auch Walter Tillmann erinnert mit seinem Buch “Ausgegrenzt-Anerkannt-Ausgelöscht” an den Untergang der jüdischen Bevölkerung in Oelde.

Das Kriegsende und die Befreiung vom Nationalsozialismus war allerdings nicht das Ende dieser menschenverachtenden Ideologie. Die Liste der rechten Parteien in Deutschland nach 1945 ist lang, dazu gehören die Sozialistische Reichspartei, Nationaldemokratische Partei Deutschlands, die Republikaner und die Deutsche Volks-Union.

Die Gefahr, dass sich die Geschichte wiederholt, zeigt sich erneut.

Heute erleben wir wieder ein Erstarken von rechten Parolen und rechtsradikaler Gewalt. Menschen werden auf Grund ihrer Hautfarbe und Religion unter Generalverdacht gestellt. Asylbewerberheime gehen in Flammen auf. Wachsende Fremdenfeindlichkeit, offener Rassismus und eine gesteigerte Aggression gegenüber Menschen die eine andere Meinung haben, sind an der Tagesordnung. AfD, Pegida und selbst ernannte Wutbürger bedienen sich dabei eines Vokabulars, das an die Nazizeit erinnert. Begriffe wie völkisch, Altparteien und Lügenpresse sind nur einige Beispiele, die direkt aus dem “Völkischen Beobachter” stammen könnten. (Der Völkische Beobachter war bis April 1945 das publizistische Parteiorgan der NSDAP.)

Sinne schärfen

So sollten uns die fürchterlichen Ereignisse vom 9. November 1938 nicht nur eine mahnende Erinnerung sein, sondern sie sollten auch unsere Sinne schärfen gegen Unrecht, Gewalt und Rassismus.

Am 16. November 2015 versammelten sich tausende Oelder zu einer Gegendemonstration einer Ausländerfeindlichen Gruppierung Foto: Torsten Schwichtenhövel

Am 16. November 2015 versammelten sich tausende Oelder zu einer Demonstration gegen ausländerfeindliche Gruppierungen
Foto: Torsten Schwichtenhövel




Wie der Orient Express durch Oelde fuhr

Der Oelder Eisenbahnliebhaber Dirk Sindermann nimmt Sie heute mit zurück in die Zeit der großen Eisenbahn und berichtet über Kunst und Technik auf Schienen. Diese versuchte sich vor kurzem still und leise an Oelde vorbei zu schleichen.

Ein Hauch von Agatha Christie:

Am Samstag, den 04.06.2016, wehte für kurze Zeit ein Hauch von Agatha-Christie durch Oelde. Unter der schlichten bahninternen Zugnummer NF 13452 fuhr der original Orient-Express von Berlin nach Paris. Auf seinem Weg nach Westen nahm er die Route über Bielefeld und Hamm und kam somit  am Nachmittag auch über unsere Bahnstrecke. Da er von einer eher unauffälligen, modernen Drehstromlokomotive der Baureihe 120 gezogen wurde, erkannten Passanten vielleicht nur beim zweiten Blick die auch für Laien auffällig gestalteten Luxuswaggons.  Das rollende Luxushotel, das den Charme der 1920er Jahre verbreitet, bestand bei dieser Tour aus 16 Wagen. Neben den luxuriösen Schlafwagen führte er wie gewöhnlich mehrere Restaurant- und Barwagen mit.

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Foto © Dirk Sindermann

Zur Geschichte des weltbekannten Express-Zuges:

Während der 1920er Jahre war er Inbegriff für Glanz und Glamour der oberen Zehntausend. Staatsmänner, Könige und Filmstars reisten im Orient-Express. Der „König der Züge“ inspirierte Regisseure, Schriftsteller (Mord im Orient-Express) und Komponisten. Nach einer bewegten Geschichte kam der legendäre Luxuszug erst 1982 durch die Initiative des englischen Unternehmers James B. Sherwood wieder zu seinem alten Glanz. Er schickte am 25. Mai 1982 einen detailgetreu renovierten Luxuszug mit der technischen Ausstattung des 20. Jahrhunderts auf Jungfernfahrt: den jetzt Venice-Simplon-Orient-Express genannten Zug.

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Foto © Dirk Sindermann

Leider ist es sehr selten, den „Train Bleue“ in Deutschland zu bestaunen. Laut Veranstalter ist es das erste Mal seit vier Jahren gewesen, dass er wieder nach Deutschland kam. Gut vernetzte Eisenbahnfreunde aus dem Münsterland und OWL hatten kurzfristig vom NF 13452 erfahren.

Dirk Sindermann fotografierte den Zug im Bereich des Geisterholzes in Oelde.

Hier noch eine Reportage vom Orient Express.

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Löschzug Menninghausen vor dem Aus?

Der Löschzug Menninghausen mit Standort am Landhagen in Oelde steht vor der möglichen Auflösung. Ein Gutachten (beauftragt durch die Stadt Oelde) aus dem letzten Jahr soll ergeben haben, dass in Lette ein neues Gerätehaus gebaut werden müsste. Der ideale Standort soll hinter der WBV zwischen Lette und Oelde liegen.

Sollte dieses Gerätehaus errichtet werden, würde dies gleichzeitig das Ende für den Löschzug Menninghausen bedeuten laut Gutachten. Wir haben uns mit den ehrenamtlichen Feuerwehrleuten des Löschzugs getroffen und haben die Stimmung eingefangen. (Siehe Ende des Berichts)

Eigentlich sollte während unseres Besuches die wöchentliche Übung der freiwilligen Feuerwehr-frauen und -männer des Löschzugs 3 stattfinden. Stattdessen war die gesamte Mannschaft im Besprechungsraum mit wahrlich langen Gesichtern versammelt. Grund der schlechten Stimmung war die Ungewissheit über die Zukunft des Löschzuges, berichtete uns Herr Buttermann.

Dirk Buttermann, Löschzugführer Menninghausen

Ernste Gesichter beim Löschtrupp

Irgendwo zwischen Lette und dem Landhagen soll lt. Gutachten ein geeigneter Standort für das Letter Gerätehaus sein. Quelle: Google Maps

Viele fürchteten, dass das neue Gerätehaus an den Standort Lette kommen würde und damit um den Fortbestand des 95-jährigen Löschzugs Menninghausen (Anmerkung der Redaktion: Am Samstag, den 11. Juni 2016, feierten sie diesen). Einige der Feuerwehrleute stehen dort bereits in der dritten Generation ihren Mann. Ein Marionettenspiel einer möglichen Personal-hin-und-her-Schieberei der freiwilligen Helfer stößt hier dermaßen bitter auf, dass die Kameraden, wenn es so kommen würde, kollektiv die Arbeit bei der Feuerwehr beenden würden. Somit wäre Oelde um 16 aktive Kameraden ärmer.

Es waren nicht alle Kameraden anwesend. Dies sollte jedoch eins der letzten Gruppenfotos darstellen.

Warum ein Ausstieg?

In dem Gespräch mit den Kameraden wurde uns schnell klar, dass es sich beim Löschzug Menninghausen nicht nur um eine Gruppe handelt, sondern eher um eine Familie. Die Art, wie untereinander gesprochen wird, zeugt von Vertrautheit.

Nach Umbau eines Fahrzeuginnenraums

Mit einem lachenden und einem traurigen Auge berichteten uns die Männer, wie sie selber Fahrzeuge reparierten oder speziell umbauten. Der Abbruch der Stimmung und die Quittierung des Dienstes könnte jedenfalls nachvollzogen werden. Jahrzehntelang wurde hier ehrenamtlich der Brandschutz betrieben.

Übungen am PkW

Stimmen der Kameraden

Würde gemäß dem Gutachten Menninghausen aufgelöst werden, würde der gesamte Löschzug auseinander gerissen werden, so Herr Buttermann. Ein Teil würde nach Lette gehen müssen und ein anderer Teil zur kommenden neuen Stadtwache.

Ein Kamerad wirft ein, dass wenn die Wache aus der Stadt zum neuen Standort an der Wiedenbrücker Straße zieht, die Personalstruktur nach Aussage des Gutachtens umverteilt werden müsste. Kollegen aus den Gebieten: Nienkamp, Overbergstraße, Westring, Stadtzentrum müssten gemäß des Gutachtens wahrscheinlich auf den Löschzug Ahmenhorst verteilt werden. Dies ist aktuell bei dem Gutachten überhaupt nicht berücksichtigt worden.

Die letzten Jahre ist es bisher immer so gewesen, dass wir hier am Standort Menninghausen mit 16 Aktiven die Arbeiten gut erledigt haben. Laut dem Gutachten sollten es nun aber 26 sein, um effektiv arbeiten zu können.

Würde im Vorfeld eine objektive Bereinigung der Wohnorte der Feuerwehrleute in Oelde stattfinden, würden bereits viel mehr Kameraden dem Standpunkt Menninghausen angehören, so eine Kameradin.

Ersthelferlehrgang

Ein anderer Feuerwehrmann legte am Beispiel der Anfahrt dar, wenn Kollegen auf den eventuellen neuen Standort in Lette verteilt werden, diese sehr wahrscheinlich mit überhöhter Geschwindigkeit erst nach Lette eilen müssen (womöglich noch am Brand vorbei), um dann von Lette wieder zurück nach Oelde zu fahren, um dort zu löschen.

An dem besagten Termin hofften die Kameraden/innen auf eine gute Lösung, damit der Löschzug  Menninghausen weiter bzw. oder komplett als Team bestehen bleiben kann.

Erst vor kurzem hat der Löschzug Menninghausen eindrucksvoll gezeigt, dass er innerhalb von 7 Minuten nach der Alarmierung bei dem Pkw-Brand in der Delpstraße noch vor der hauptamtlichen Feuerwehr vor Ort war.

Die Geschichte geht nich gut aus

Dirk Buttermann berichtete dem OELDER ANZEIGER am 13.06.2016 im Telefonat, wie er am selbigen Datum  zum Bürgermeister geladen wurde. Dieser hatte das besagte Gutachten zusammen mit dessen Ersteller noch einmal erörtert und Herrn Buttermann seinen klaren Standpunkt hierzu vermittelt.


Der Löschzugführer berichtete uns weiter, dass er gemeinsam mit den anderen Löschzugleitern in Oelde über das Gutachten informiert wurde. Der Bürgermeister stehe voll und ganz hinter diesem, so Buttermann.

Alle meine Einwände wurden nicht gehört, man konnte sagen was man wollte. Selbst die Einwände der anderen Löschzugführer prallten ab! Diese prangerten ebenfalls die dann nicht mehr haltbare Alarm- und Anrückeordnung an,

teilte uns Dirk Buttermann mit.

Hier der Löschtruppführer fröhlich vor der Nachricht am Gerätehaus

Somit steht für den Löschzug Menninghausen fest, dass es hier sich sehr wahrscheinlich nur noch um eine Formsache handelt, bis die Auflösung offiziell verkündet wird.




Oelder Geschichte und Geschichten

2016-05-15-Cafe Kunze außen

Eine Erinnerung von Heinz Werner Drees

“Café Kunze”

Wir alle kennen das Gefühl, dass die Welt sich vermeintlich immer schneller dreht.

Dabei geraten häufig Menschen, Orte und Begebenheiten in Vergessenheit, sie scheinen unbemerkt aus dem Gedächtnis zu fallen.

Einer dieser Orte ist das ehemalige Cafe Kunze!

Dazu fällt mir als Erstes ein Lied ein, das meine Großmutter gelegentlich trällerte: “In einer kleinen Konditorei, da saßen wir Zwei … .”. Ein Stück Musikgeschichte von Fred Raymond und Ernst Neubach aus dem Jahre 1929.

Oft wird daran vorbei gegangen, hier gibt es nun die Geschichte dazu

Oft wird daran vorbei gegangen, hier gibt es nun die Geschichte dazu.

Das Café Kunze auf der Langen Straße wurde von Gustav Kunze und seiner Frau Aenne betrieben.

Im Jahr 1947 übernahm der Neffe von Gustav Kunze, der Bäcker und Konditormeister Hugo Heitfeld, den Betrieb. Gemeinsam mit seiner Frau Ina führte er das Geschäft im Sinne von Gustav und Aenne Kunze weiter bis zur Schließung des Betriebes im Jahre 1985. Neben der Arbeit in der Backstube und im Cafe kümmerten sich Ina und Hugo Heitfeld um die Erziehung ihrer vier Kinder.

Viele ältere Oelder erinnern sich sicherlich gern an das kleine, aber urgemütliche Cafe Kunze. Während Hugo Heitfeld in seiner Backstube für Nachschub sorgte, betreute Ina Heitfeld mit ihrer souveränen, mütterlichen und herzlichen Art die Kunden im Laden und im Cafe.

2016-05-15-Cafe Kunze

I2016-05-15-Cafe Kunze Zeichnungm Laden gab es die verschiedensten Brötchen und Brotsorten- das Schwarzbrot war stadtbekannt- sowie leckeren Kuchen zum mitnehmen. Zudem ein kleines Sortiment von Artikeln für den täglichen Gebrauch.

Im Café wurden zu Kaffee oder Trinkschokolade herrliche Kuchen oder Tortenstücke gereicht.

Das Café Kunze mit seinen schmackhaften Speisen und Getränken und mit der gemütlichen Atmosphäre war über viele Jahre ein bekannter Treffpunkt in Oelde, bei jüngerem und älterem Publikum gleichermaßen beliebt.

Daran werden sich bestimmt auch viele ehemalige Schülerinnen und Schüler vom Gymnasium und der Realschule erinnern, die so manche “Freistunde” im Café Kunze ve

rbrachten.

Zeichnung: Norbert Löbbert

Fotos: H. Heitfeld

Situation von heute

Situation heute

 




Oelder Geschichte und Geschichten

Von “Ewigen Lampen” und “Rosengärten”

Eine Geschichte von Heinz Werner Drees mit Bildern von Norbert Löbbert.

Meine erste Bekanntschaft mit einer Oelder Gaststätte hatte ich im zarten Alter von ungefähr vier Jahren. Mein Vater, der sonntags zum Frühschoppen ausging, nahm mich eines Tages an die Hand und sagte: Komm mit, ich gebe einen aus! Doch bevor wir das Haus verließen, wurde der Junge von Mutter und Großmutter sonntagsmäßig angekleidet und gekämmt. Mein Vater, wie immer am Sonntag, trug Anzug, Oberhemd und Schlips. Seine wenigen Haare waren ordentlich frisiert, sein Kinn nass rasiert und von einer leichten Pitralon-Wolke umhüllt.

Schon bald betraten wir gemeinsam eine Gaststätte in der Nachbarschaft. Der kleine Gast wurde auf einen Thekenschemel gesetzt und staunte die Welt an. Die Herren um mich herum tranken vorzugsweise Bier oder Pils, ich bekam einen Apfelsaft. Der gesamte Thekenraum war in eine gewaltige Qualmwolke gehüllt, bestehend aus Zigaretten-, Pfeifen- und Zigarrenrauch. Nachdem ich allen möglichen Leuten nach Art der Erwachsenen freudig zugeprostet hatte, bekam ich von einem Bekannten meines Vaters zehn Pfennige geschenkt. Das Geldstück verschwand schon bald im Geldschlitz eines Automaten, der mir wie ein Wunder vorkam. Geld einwerfen,  kräftig drehen und schon war die Kinderhand voll mit gesalzenen Erdnüssen. Herrlich !

Mit der Zeit erfuhr ich dann, dass es allein auf dieser Straße vier “Kneipen” gab. Vorneweg die Gaststätte Feldmeier, später war dort ein Imbissbetrieb, oder auch die berühmte KAKO-BAR. Gegenüber der Lindenhof mit einer wunderschönen Terrasse im Garten. An Sommerabenden funkelten dort bunte Laternen, Kellner huschten hin und her und zur Tanzmusik drehten sich die Paare im Kreis. Schräg gegenüber vom Lindenhof befand sich der “Blaue Täuber“, ein Vereinslokal für Sportler und auch Treffpunkt für die zahlreichen Taubenfreunde, eine Gaststätte mit einem angegliederten Saal, in dem Kasperletheater und viele Jahre später auch Beatmusik gespielt wurde. Im Oelder Sagenschatz gibt es auch die Anekdote über den “angesäuselten” Herrn, der die Strecke vom Blauen Täuber zum Lindenhof, oder auch umgekehrt, mit dem Taxi bewältigte! Oder auch die Geschichte vom Oelder Schrotthändler, der mit Pferd und Wagen durch Oelde rumpelte und wo das Pferd angeblich genau wusste, an welcher Gaststätte es anzuhalten hatte!

Und am Ende der Straße gab es noch die Gaststätte Bentler, eine Mischung aus Kneipe und Lebensmittelgeschäft. Gut erreichbar war der Hintereingang der Gaststätte über das “Gängsken”, einem kleinen von Gärten und Hecken umsäumten Fußweg zwischen Bult- und Lindenstrasse.

Auf dem Moped Jochen Köning auch Oese genannt. Im Fenster sieht man Werner Hövel

Insgesamt gab es in der Stadt eine  hohe Kneipendichte, so dass mehrere Gaststätten auf einer Straße keine Seltenheit waren. So zum Beispiel  auf der Ruggestrasse: dort befand sich auch die ehrwürdige “Ewige Lampe”. Ein älterer Oelder Bürger erzählte mir, dass  diese Gaststätte so hieß, weil dort immer geöffnet war. Ein interessanter Gedanke, ein Leben ohne Sperrstunde. Niemand muss verdursten! Ich bin mir allerdings sicher, dass diese Sperrstunden immer wieder kontrolliert wurden, aber ich bin mir ebenso sicher, dass es viele “zugekniffene” Augen gab.

Es gab zahlreiche Nachbarschafts-, Eck- oder Arbeiterkneipen, wo sich die Leute nach Feierabend trafen, um sich bei einem “Kluck” und Bier von der Arbeit zu erholen. Zur Stärkung der Gäste wurden auch überall leckere Speisen angeboten. Ob Mettbrötchen, selbst gemachte Frikadellen, Wurstbrötchen, Suppen, Bockwurst, Kartoffelsalat: die angebotenen Speisen waren immer willkommen, lecker und häufig schnell ausverkauft.

Die Gaststätten waren immer gut besucht und besonders am Freitag  füllten sie sich schnell und regelmäßig. Das Wochenende nahte und viele Arbeitnehmer bekamen ihre wöchentliche Lohntüte ausgehändigt. Viele Männer gingen – statt nach Hause – direkt ins Gasthaus. Zum Lohntütenball! Nicht selten erwarteten die Ehefrauen ihre Männer an den Werktoren oder Kinder wurden in die Gaststätten geschickt, um den Vater mit der noch gefüllten Lohntüte nach Hause zu holen.

Auch für die Unterhaltung der Gäste wurde gesorgt, so stand fast in allen Kneipen eine Musikbox. Darin wurden – nach Einwurf von Geldstücken – Schallplatten abgespielt. Über eine Liste wurde die gewünschte Musik ausgesucht, angewählt und schon ging es los.

Knobelbecher gab es eigentlich an allen Theken, dort wurde mit “Meier” und “Chicago” so manche Runde ausgeknobelt. Beliebt waren auch das Kegeln und das Kickern. Später kamen dann Billardtische dazu oder die herrlich blinkenden und fiependen Flipperautomaten.

In manchen Gasthäusern bildeten sich Sparclubs: alle Mitglieder zahlten regelmäßig ihren Beitrag ein, dann wurde der Betrag meistens um die Weihnachtszeit bei einem Sparfest ausgezahlt.

Beliebt waren auch die gelegentlich stattfindenden Brauereibesichtigungen. Dazu luden die Wirte ein und ganze Busladungen wurden zu den umliegenden Brauereien gekarrt. Nach einer Betriebsbesichtigung erfolgte dann der von Vielen schon erwartete gemütliche Teil.

Natürlich gab es in unserer Stadt auch die “feineren” Adressen. Hotels, wie das ehemalige Bahnhofhotel oder Gaststätten, in denen sich die Honoratioren der Stadt trafen. Dort fanden häufig Empfänge, Tanzveranstaltungen oder Feiern statt. Das Oelder Bahnhofhotel war in den fünfziger und sechziger Jahren das gastgebende Hotel für die alljährlich stattfindende Diplomatenjagd. Mit der Anwesenheit des Bundespräsidenten und seinem Gefolge schnupperte die Stadt für kurze Zeit am Duft der großen weiten Welt.

Die Sharks von links: Erich Lobemeier, Peter Lobemeier, Burkhardt Heringhof † (auch Haifisch genannt) und Uli Remfert Foto: © Peter Lobemeier

2014-11-02-Sharks copyEtwas außerhalb der Kernstadt lagen die Gasthöfe Düding und Kramer’s Mühle. Gegenüber letzterer Gaststätte, am Rande des ehemaligen Stadtparks, stand seit Jahrhunderten die Wassermühle, deren Mühlräder vom Axtbach und vom Mühlenteich mit Wasser versorgt wurden. In der Gaststätte waren in den sechziger Jahren die Wirtsleute Lilo und Robert zu Hause. Durch die gemütliche Atmosphäre und die Freundlichkeit der Gastgeber war der Schankraum immer gut gefüllt. In der ehemaligen Wassermühle probte damals die über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Band LITTLE SHARKS. Die Musiker, mit ihren zahlreichen Freunden und Bekannten der Band und viele Schüler der Oelder Technikerschule waren häufig Gäste in Kramer’s Mühle.

Ganz besonders an den Sonntagen, zu Kaffee und Kuchen, zogen viele Oelder in die umliegenden Gasthöfe, zu Niehüser, Thüer’s, Eck-Willm oder in den Gasthof Dämmer.

Ende der sechziger Jahre kündigte sich eine neue Zeit an ! Die Disco-Welle rollte an und auch in Oelde eröffnete im Jahre 1968 die unweit vom Marktplatz und Johannes-Kirche gelegene Discothek MERANCHITO.

Nette Damen hinter der Theke

Leute treffen, laute Musik hören, tanzen, eine spezielle Beleuchtung: der Laden war ein echter Knüller. Legendär waren im MERANCHITO die Pils-Stunden. Dann wurde für die Dauer einer Stunde der Bierpreis gesenkt, was immer für eine gehobene Stimmung und Massenbestellungen sorgte.

Im Norden der Stadt, am Plümmerskotten, betrieb die Familie Strauhal viele Jahre lang die Gaststätte Rosengarten. Der Schankraum und die nebenan gelegene Haifisch-Bar waren immer gut besucht, im Rosengarten ging es hoch her. Im saalähnlichen Raum neben der Theke fanden ab Ende der sechziger Jahre regelmäßig am Wochenende Disco-Abende statt. Detlef und Wolfgang Strauhal präsentierten dort den SUNDAY-CLUB.  Mit viel Musik, bunten Lichtern und Tanz wurde eine tolle Disco-Atmosphäre geschaffen, wo sich dann zu später Stunde das Publikum aus Kneipe und Disco vermischte.

Abseits dieser Schilderungen gab es natürlich weitere Gaststätten, Bars und Nachtlokale.

Und es gab unsere damaligen Jugend-Treffpunkte im Kupfergrill, Hahnenteller oder in Stucki’s Imbissbude.

Text: Heinz Werner Drees

Zeichnungen: Norbert Löbbert

Fotos: Heinz Werner Drees




Oelder Geschichte und Geschichten

2015-06-25-Boxer gemaltEine Erinnerung an den BSK 52 Oelde

Ring frei! Von Heinz Werner Drees und Norbert Löbbert.

Wer nach allen Seiten offen ist, kann nicht ganz dicht sein.

Das sagte einst Kurt Tucholsky und diese “Einsicht” müssen ganz besonders die Boxer für sich in Anspruch nehmen.

Wenn ich ans Boxen denke, dann fallen mir ganz spontan eine Reihe von Namen ein. Internationale Namen wie Archie Moore, Joe Louis, Georg Foreman. Floyd Petterson, Joe Frazier, Mike Tyson, Muhammad Ali und die Klitschko-Brüder. Auf der nationalen Ebene denke ich an Boxer wie Max Schmeling, Gustav “Bubi” Scholz, Erich Schöppner, Peter Hussing, Heinz Neuhaus, Karl Mildenberger, Henry Maske und Peter “de Aap” Müller.

Gleichzeitig erinnere ich mich an zahlreiche legendäre Boxkämpfe, wenn wir uns den Wecker stellten, um nachts vor dem Fernseher dabei zu sein. An die Kämpfe Ali gegen Foreman -rumble in the jungle- 1974 in Kinshasa / Kongo. Oder an Ali’s Kampf gegen “Smokin” Joe Frazier im September 1975 in Manila. Frazier’s Trainer stoppte das Duell in der 14. Runde, beide Kontrahenten mussten verletzt und schwer gezeichnet ins Hospital eingeliefert werden.

Ähnlich spektakulär waren viele Jahre vorher die Kämpfe von Max Schmeling und Joe Louis, bei denen ebenfalls zahlreiche Hörer vor den Radios saßen.

Ein ganz besonderes Exemplar von einem Boxer war der Kölner Peter ,,de Aap” Müller. Der war nicht nur mehrfacher Deutscher Meister, er wurde auch dadurch berühmt, dass er im Juni 1952 den Ringrichter, der ihn zuvor ermahnt hatte, mit einem gezielten Schlag ausknockte. Volltreffer !

Da habe ich ihn ausgemacht.

kommentierte ,,de Aap”  seinen Angriff auf den Ringrichter. Nach seiner Boxkarriere versuchte sich Müller als Catcher und Schlagersänger (Ring frei zur ersten Runde).

Aber abseits aller großen Namen und Legenden im Profiboxen, gab es in Oelde über Jahre hin eine erfolgreiche Amateur-Boxgeschichte.

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Die Boxer aus Oelde

Erfolgreiche Geschichten fangen oft ganz klein an. So war es auch Ende der 40er Jahre in Oelde, als sich interessierte junge Männer zum Boxtraining trafen. Die Freude am Boxsport und an der körperlichen Bewegung brachte die jungen Leute zusammen. Fleißig trainiert wurde in der Turnhalle der ehemaligen Overberg-Schule. Die Schlagkraft an den Sandsäcken, die Schnelligkeit an der Maisbirne, Kondition durch Seilchenspringen und taktisches Verhalten wurde unter den wachsamen Augen der Trainer immer wieder geübt. Ein Trainer der ersten Stunde war der Ahlener Franz Schulte. Durch das große Interesse am Boxsport wurde im Jahre 1952 der Box Sport Klub Oelde gegründet (BSK 52 Oelde). Männer wie Norbert Koker, Lothar Urban und Hermann Dezius prägten den Verein in den Anfangsjahren.

2015-06-25-Boxen 4er Gruppe

Links: Beckermeister Nelke, Hanni Lewanschkowski, Peter Lewanschkowski und Georg. Die korrekten Vornamen oder Nachnamen sind uns leider nicht mehr bekannt.

Geboxt wurde gegen Gegner im Großraum Dortmund, zu dem damals auch der bekannte MÄRKISCHE BOXRING HAMM gehörte. Dort boxten auch die berühmten Johannpeter-Brüder, zehn Stück an der Zahl! Eine wahrhaft schlagkräftige Familie !

2015-06-25-Boxen im Ring

Peter Lewanschkowski schlägt zu und Heinz Dombrowski (Pommesbude Scholmann) kassiert

In Oelde wurde meistens vor vollem Haus in der Overberg-Turnhalle oder im ehemaligen Kolpinghaus (heute Bürgerhaus) gekämpft. Gelegentlich fanden auch Boxveranstaltungen am Vorabend des Schützenfestes im Zelt statt oder als Open-Air Veranstaltung auf der ehemaligen Moorwiese.

2015-06-25-Boxen Gruppe im Ring

Boxen im Schützenzelt

Über Jahre hinweg haben verschiedene Boxer, Junioren und Senioren, auf Verbandsebene immer wieder erfolgreich geboxt, so dass Oelde durch den BSK 52 auch auf dieser sportlichen Landkarte zu finden war.

Jahre später veränderte sich die Situation für den BSK 52, einige Sportler beendeten ihre Laufbahn, ein vernünftiger Austragungsort fehlte, es war keine gute Zeit mehr für den Amateurboxsport in Oelde. Das Vereinsleben wurde eingestellt.

2015-06-25-Boxen Ausweis Startseite 2015-06-25-Boxen Ausweis Kämpfe

Der Oelder Boxsport ist untrennbar mit dem Namen Lewanschkowski verbunden. Die Brüder Lewanschkowski sind viele Jahre für den BSK 52 angetreten und haben bei zahlreichen Kämpfen im Ring oder als Sekundanten am Ring gestanden.

Unser persönlicher Dank gilt Peter Lewanschkowski, der sein Privatarchiv öffnete und damit einige Spuren des fast vergessenen Boxsports in Oelde sichtbar machte.

2015-06-25-Boxen Album (3) 2015-06-25-Boxen Album (2) 2015-06-25-Boxen Album (1) 2015-06-25-Boxen Ausweis

Heinz Werner Drees & Norbert Löbbert

Alle Fotos @ Peter Lewanschkowski




40 Jahre Kardinal-von-Galen Heim

Vor genau 40 Jahren ist das Zuhause für ältere Menschen mitten in Oelde eröffnet worden. Die Geschäftsführerin, Frau Birgit Schwichtenhövel, hat den OELDER ANZEIGER eingeladen und einen Blick hinter die Kulissen gewährt. Viele Eindrücke und Informationen haben wir von unserem Besuch mitnehmen können.

Man beachte die frisch gepflanzten Bäume sowie die Fahrzeuge vor dem Heim Foto: ©Von-Galen-Heim ca. 1975

Man beachte die frisch gepflanzten Bäume sowie die Fahrzeuge vor dem Heim Foto: ©Von-Galen-Heim ca. 1975

2015-03-30-Von Galen (91)

Und aus heutiger Sicht

Das Altenwohnheim, welches mitten im Oelder Zentrum liegt, befindet sich in der Von-Galen-Straße 4. Von der Straße aus erkennt man das Gebäude, welches kontinuierlich über die Jahre ausgebaut wurde, von weitem. Hinter dem Wohnheim fließt nur einen Steinwurf entfernt der Rathausbach und hier verläuft der Patt, der durch die sogenannte Frischluftschneise des Oelder Südens zum Park des Hauses führt. Somit liegt das Gebäude nicht nur zentral, sondern auch fast mitten im Grünen, was von den vielen Bewohnern dankend angenommen wird.

Im Eingangsbereich befindet sich der Grundstein, auf dem die Jahreszahl 1973 zu lesen ist. In diesen Grundstein eingemauert ist eine Hülse, in der sich neben einer Tageszeitung vom 15.06.1973 die unterzeichnete Originalurkunde befindet. Wir haben eine abgetippte Kopie erhalten, die wir im folgenden vollständig widergeben. So können Sie als Leser, Neubürger und vieleicht auch bald älterer Mensch sich einen Eindruck machen über die Entstehung und die Gedanken, welche hinter der katholischen Trägerschaft stecken.

2015-03-30-Von Galen (4)

URKUNDE

In den Tagen des Alters, Herr, wirf mich nicht weg! Wenn meine Kräfte schwinden, verlaß mich nicht!” Ps. 70.

Von dem Jahre 1973 an, da man in unserem Vaterland darangeht, die Tötung werdender Menschenkinder straffrei zu machen, soll unter dem Dach dieses von Christen erbauten Hauses den alten Mitbürgern ein Leben in Sicherheit, Frieden und christlicher Liebe geboten werden!

In dieser Zeit eines gewaltigen wissenschaftlichen, technischen Fortschritts und großen Wohlstandes verbringt mancher unserer alten Mitbürger sein Leben in Einsamkeit, arm, ohne Aufgabe und Ziel. Um diesen eine Möglichkeit zu geben, in gutmenschlichem Einvernehmen zusammenzuleben, bauen die Pfarreien St. Johannes und St. Joseph dieses Haus.

Eine im Jahre 1971 gegründete Gesellschaft “Altenwohnheim der Caritas Oelde GmbH” beauftragte die Architekten Berendt, Hasse, Schwinde, Wissmann in Hamm mit der Planung für 70 Heimplätze, 28 Plätze für besondere Betreuung und 13 Plätze für Personal.

Die kalkulierten Kosten belaufen sich auf 5 Millionen DM. Für die Mithilfe bei der Finanzierung danken wir dem Bund, dem Land Nordrhein-Westfalen, dem Bistum Münster, der Stadt Oelde, dem Kreis Beckum und vielen privaten Spendern.

Ausschnitt aus der Glocke anno dazumal

Ausschnitt aus der Glocke anno dazumal

Begonnen wurde mit dem Bau, der mitten in der Stadt in unmittelbarer Nähe eines Jugendheimes ( Anmerkung: Das Jugendwerk für die Stadt Oelde e.V. von 1976 bis 1981 an der Graf-von-Galen-Straße. Ab 1981 in der Alten Post an der Bahnhofstraße) liegt, am 20. März 1973, als Dr. Gustav Heinemann Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, Willi Brandt Bundeskanzler, Heinz Kühn Ministerpräsident von 2015-03-30-Von Galen (5)Nordrhein-Westfalen, Theo Frisch Landrat des Kreises Beckum war, unter dem Bürgermeister Alexander Raestrup und dem Stadtdirektor Dr. Friedrich Schmänk. Dieser Grundstein wurde in der Eingangshalle eingebaut am 15. Juni 1973 unter dem Pontifikate des Papstes Paul VI., als Heinrich Tenhumberg Bischof von Münster war, und geweiht von den Dechanten an St. Joseph: Reiner Arens und von dem Pfarrer an St. Johannes: Anton Hartmann.

Alles zur größeren Ehre Gottes!

Wer du auch sein magst, der später dieses Dokument liest, denke daran, daß die Hände, die dieses unterschrieben und diesen Neubau schufen, schon längst zu Staub geworden sind, und ich bitte dich, deiner und unserer unsterblichen Seele im Gebete zu gedenken.

4740 Oelde (in Westfalen), den 15. Juni 1973

Mit diesen Zielgedanken sind die Menschen damals an den Bau des Altenwohnheims, dem Platz für unsere älteren Mitmenschen, ans Werk gegangen. Das Haus wurde in gemeinsamer Trägerschaft der Pfarrgemeinden St. Johannes und St. Joseph ins Leben gerufen. Nach der Gemeindefusion im Jahre 2012 ist der alleinige Träger die Pfarrerei St. Johannes.

Frau Schwichtenhövel berichtete uns während des Besuches darüber, dass man damals extra auch gegenüber vom Jugendheim gebaut habe, um Alt und Jung zu verbinden.

Das war zu der damaligen Zeit nicht selbstverständlich und seiner Zeit deutlich voraus.

, so Frau Schwichtenhövel.

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Nur ein paar Schritte vom Haus entfernt liegt der Parkweg

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Holzhahn im Park, der Teich und ein Blick von der Kreuzung Paulsburg / Ennigerloher Str. / Herrenstraße auf das Wohnheim im Hintergrund

Weiter war und ist die zentrale Lage der Institution ein wichtiger Aspekt für ein leichteres Dasein im letzten Lebensabschnitt der Bewohner. Somit können diese auf dem oben bereits erwähnten Patt, der Frischluftschneise hinter dem Haus, spazieren gehen und an Sonnentagen im Parkbereich verweilen oder Enten am Teich füttern. Ebenfalls können die Kinder vom St. Johannes- Kindergarten nur ein Stück weiter gesehen werden. Für den Besuch von Ärzten, der Fußgängerzone und von Cafés etc. bedarf es dann nur noch weniger weiterer Schritte. Somit befindet sich das Kardinal-von-Galen Wohnheim mitten am Puls des Geschehens.

Als wir das Gebäude besucht haben, ist uns direkt beim Betreten die gemütliche Atmosphäre aufgefallen. Pflanzen, Bilder, ein Holzpferd, eine alte Nähmaschine und schöne Sofas im Eingangsbereich laden zum Verweilen ein. Wir konnten Bewohner sehen, die im lichtdurchfluteten gläsernen Vorbau Zeitung lasen oder sich unterhielten. Wer aus Erfahrung mit anderen Einrichtungen einen krankenhausähnlichen oder muffigen Geruch erwartet, der wird positiv überrascht werden.

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Freundlich und hell wird man empfangen

Im Untergeschoss der Einrichtung befindet sich ein großer Saal, in dem die Bewohner u. a. Versammlungen, Feste und Veranstaltungen abhalten können.

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Die Bücherwand lädt im großen Saal zum Lesen ein

Direkt einen Raum daneben befindet sich das hauseigene Friseur-Studio mit drei Plätzen. An zwei festen Tagen in der Woche kommt eine Mitarbeiterin vom Haarstudio Saamen und bedient die zahlreichen Kunden.

Hier ist immer was los.

, berichtet uns Birgit Schwichtenhövel und erzählt uns, dass die Sitze der drei Friseurstühle an den besagten Tagen nicht kalt werden.

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Die guten alten Hauben sind einiges gewohnt

Zum Sinnesgarten gelangen die Bewohner ebenfalls über das Untergeschoss. Der angelegte Garten am Haus hat einen großen Tisch mit mehreren Feldern. In diesen Feldern sind Steine, Muscheln, Tannenzapfen und andere Dinge.

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Birgit Schwichtenhövel macht es uns vor und bringt die Schale zum Singen und Schwingen

Direkt daneben ist ein Hochbeet. In diesem sind viele unterschiedliche Kräuter wie Thymian, Curry, Rosmarin und viele andere angepflanzt. Eine Klangschale, welche mit Einfühlungsvermögen und Geduld zu einem Musikinstrument wird, führte uns Frau Schwichtenhövel ebenfalls vor.

Mit unterschiedlichen Handstellungen, Drücken und Reiben an den Klangschalengriffen lassen sich unterschiedliche Töne und Wellen im Wasser generieren.

Somit können die haptischen und akustischen Fähigkeiten trainiert werden, berichtete uns die Geschäftsführerin.

Weiter konnten wir einen Blick in den Speiseraum werfen. Eine lange Fensterfront zum rausschauen, Tische sowie eine Anrichte, die von allen “Buffet” genannt wird, stehen hier für die Einwohner zur Verfügung. In diesem Raum nehmen die Bewohner die Mahlzeiten ein. Gleichzeitig dient er in den Nachmittagsstunden als Aufenthaltsraum für Bewohner und Angehörige, die gemeinsam einen Kaffee trinken möchten. Im hinteren Teil des Raums steht ein Klavier, welches auch sehr oft genutzt wird zum Musizieren.

Freundlich sieht der Speiseraum aus

Freundlich sieht der Speiseraum aus

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Die Kapelle

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Der Verfasser dieses Artikels würde sich nicht unbedingt als besonders gläubig beschreiben, aber bei dem Besuch der hausinternen Kapelle wurde wieder deutlich, wie wichtig der Glaube ist. Gerade wenn ältere Menschen keine Angehörigen mehr haben, finden sie hier im Glauben halt. Regelmäßige Messen werden in der schön eingerichteten Kapelle abgehalten. Die Einrichtung, das Kunstwerk und der Tabernakel stammen vom lokalen und einem der bedeutendsten sakralen Bildhauer, Heinrich Gerhard Bücker, aus dem benachbarten Ort Vellern.

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Unter dem Altar befindet sich ein Reliquiar, in dem sich jeweils Überreste der Schwester Euthymia und von Clemens August Kardinal Von Galen befinden.

Einen Raum, den nur die wenigsten zu Gesicht bekommen, durften wir ebenfalls betreten. Den Abschiedsraum.

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Bei diesem Raum handelt es sich, wie es der Name bereits vermuten lässt, um einen Ruheraum, in dem Angehörige von ihren Eltern, Lebensgefährten und anderen Menschen Abschied nehmen können. Der Raum ist nicht sehr groß, dafür aber strahlt er eine gewisse Ruhe aus. Ein Kunstwerk auf beleuchtetem Glas taucht den Raum in ein sanftes Licht. Ein Kerzenständer, ein Kreuz sowie Sitzmöglichkeiten stehen hier den Angehörigen zur Verfügung, um ungestört in würdiger Umgebung Abschied nehmen zu können.

Beim Verlassen des Raumes denke ich noch “Irgendwie schön.”, während mich im gleichen Moment die Tatsache einholt, dass nichts unvergänglich ist.

Die Gründer des Hauses jedoch können sich glücklich schätzen. Der geäußerte Wunsch in der Urkunde “…in gutmenschlichem Einvernehmen zusammenzuleben…” “…ein Leben in Sicherheit, Frieden und christlicher Liebe…” wird in diesem Haus nach 40 Jahren immer noch gelebt.

Wer sich selbst ein Bild von der Einrichtung machen möchte, sollte sich den 19. April 2015 merken. Hier veranstaltet das Haus einen Tag der offenen Tür.




Als Winnetou auf der Lindenstraße wohnte

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© Norbert Löbbert

Oelder Geschichte und Geschichten

So um 1960 war die Welt eine völlig andere als sie sich heute darstellt. Und so war sie auch für uns Kinder damals eine ganz andere. Das Dasein eines zehnjährigen Jungen wurde weitgehend von der Familie, der Schule und den Kirchen bestimmt. Aber zwischen all den Pflichten gab es immer viel Freiraum für Sport, Spiel und Spannung.

Man musste eine Treppe hinaufgehen, an eine Tür klopfen und dann hatte man einen freien Eintritt ins Paradies; in das Bücherparadies einer kleinen, privaten Leihbücherei. Regelmäßig schickte mich meine Großmutter dorthin, um Bücher zu entleihen. Zum Lohn durfte auch ich mich mit Lesestoff versorgen und so lernte ich langsam die wunderbare Welt der Literatur kennen. Hier fand ich Dinge, die mein Kinderherz schneller schlagen ließen: Bücher wie “Emil und die Detektive” von Erich Kästner oder “Kalle Blomquist” von Astrid Lindgren. “Kalle Blomquist lebt gefährlich” und “Kalle Blomquist Meisterdetektiv”, worin Kalle, Eva-Lotte und Anders einen Juwelenraub aufklären. Das war Spannung pur!

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© Norbert Löbbert

Überaus spannend waren auch die Geschichten von Bill Jenkins und Tom Prox, die von G.F. Unger geschrieben wurden und im Uta-Verlag erschienen. Doch die wichtigste Entdeckung waren die Bücher von Karl May, von denen ich sicherlich mehr als vierzig Bände verschlungen habe. War es nun das Buschgespenst oder Kara Ben Nemsi mit seinem treuen Freund Hadschi Halef Omar oder Old Firehand, als Leser konnte man wunderbar in die Ereignisse eintauchen. Aber am beliebtesten waren für mich die Abenteuer von Old Shatterhand und seinem “roten Bruder” Winnetou!

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© Norbert Löbbert

Die Bücher mit Old Shatterhand und Winnetou waren nicht nur spannend, sondern sie vermittelten auch ein Gefühl für Gerechtigkeit und den Kampf gegen das Böse.

Auch Jess Harper und Slim Sherman von der Sherman Ranch gehörten zu den Guten. Die Serie “Am Fuß der blauen Berge” lief zwischen 1960 und 1965 im Fernsehen. Wenn Slim seinen Hut in den Nacken schob, wenn die schwarzen Handschuhe von Jess in der Sonne glänzten, dann wartete ein neues Abenteuer auf uns. Mit derartigem Hintergrundwissen ausgestattet, gehörte das Cowboy- und Indianerspiel zu unseren regelmäßigen Beschäftigungen.

 

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© Norbert Löbbert

Hugo, ein Freund jener Tage, besaß ein aus Holz geschnitztes Gewehr – den Henrystutzen! Mein Vater hatte mir ebenfalls eine Flinte gebaut mit silbernen Nägeln am Schaft – die Silberbüchse! So waren wir also im Besitz von zwei der drei berühmtesten (es gab noch den Bärentöter) Gewehre des Wilden Westens. Gewehre, deren Kugeln nie ein Ziel verfehlten! Komplett ausstaffiert mit den Dingen, die selbst gebastelt wurden oder die man in den Oelder Geschäften Dahms, Dirkorte und Lütkemöller kaufen konnte, trafen sich die kleinen Cowboys und Indianer regelmäßig auf einem Spielplatz in der Nähe der Oelder Realschule.

Dann “ritten” wir im vollen Galopp von unserem Treffpunkt in unsere Cowboy- und Indianerwelt, die damals zwischen den Friedhöfen am Axtbach lag. Der Bach war unser Mississippi, die gegenüberliegende Wiese war die endlose Prärie und das Büschchen war das Zentrum des Geschehens. Hier war die Bastion der Guten, von hier aus wurden die Lumpen- und Viehdiebe gejagt, es wurde geritten, geschossen und für die gerechte Sache gekämpft. Und gelegentlich auch ein Friedenspfeifchen geschmaucht. Als Rauchgerät diente eine tönerne Stutenkerl-Pfeife, die mit allem, was dampfte gefüllt wurde.

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© Norbert Löbbert

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© Norbert Löbbert

Eines guten Tages musste ich früher als gewöhnlich nach Hause zurückkehren. Um abzukürzen, nahm ich den Weg über den Rasenplatz der Realschule. Dieser Rasen war für uns Kinder ein gern besuchter Platz zum Fußballspielen. Dabei mussten wir uns immer vorsehen, denn der aufmerksame Hausmeister der Schule nutzte jede Gelegenheit, um uns zu ärgern und nach Möglichkeit den Ball zu konfiszieren. Mit Freude in den Augen schnappte er sich den geklauten Ball und stapfte stolz mit den Worten davon: “Schönen Gruß an Euren Papa! Den Ball kann er sich bei mir abholen!” Was für ein Stress für uns Kinder!

Und plötzlich, wie aus dem Nichts, stand der Pedell drohend vor mir. Siegessicher funkelte er mich an und fragte mit strenger Stimme: “Wie heißt du?” Wahrheitsgemäß antwortete ich: “WINNETOU!”. Er schnaufte und fragte weiter: “Und wo wohnst du?” Ich antwortete: “WINNETOU wohnt auf der Lindenstraße.” Der weiße Mann schnaufte erneut, verdrehte die Augen und schaute in die Wolken. Diesen Augenblick nutzte der kleine Häuptling und sprang mit einem tollkühnen Satz über den nahe gelegenen Jägerzaun. Danach stieß er einen  wilden Kriegsschrei aus und ritt in den Sonnenuntergang.

Heinz Werner Drees

Norbert Löbbert

 




Gebäudeabriss auf der Langen Straße

Wieder einmal schlägt in Oelde ein Abrissunternehmen zu und stampft ein altes Gebäude ein. Das Haus auf der Langen Straße, welches zwischen dem Spielwarenladen Pecher und der Parfümerie Pieper stand, reiht sich somit ein in die Geschichte vergangener Gebäude. Zuletzt war in der unteren Etage des Hauses das moderne Frauenbekleidungsgeschäft “boa”.

Was am vergangenen Dienstag beim ersten Betrachten der Baustelle nach Erdarbeiten aussah, entpuppte sich nun als ein Gebäudeabriss.

Abriss Lange Straße

Abgesperrt und Splitt liegt vor dem Gebäude

Der Splitt, der am Dienstag vor dem Haus auslag, diente dem Schutz der Pflastersteine beim Befahren durch den Bagger.

Abriss Lange StraßeAbriss Lange StraßeAbriss Lange Straße

Es roch nach altem modrigem Staub, während Mitarbeiter Wasser spritzten, um diesen zu binden. Viele Passanten beobachteten das Geschehen.

Was an dieser Stelle entstehen wird, ist bis dato noch unklar.

Update 08.01.2015

Herr Klaus Aschhoff von der Stadt Oelde, zuständig für Fach/ Servicedienst Liegenschaften & Wirtschaftförderung, gab dem OELDER ANZEIGER Auskunft, dass nach dem Abriss des Gebäudes ein neues Wohn- und Geschäftshaus entstehen wird. Wir danken Herrn Aschoff recht herzlich für die Auskunft.




Bürocenter Elbracht schließt nach 65 Jahren

Elbracht

Stempel von Elbracht

Bis kommenden Montag, den 29.12.2014 läuft noch der Räumungsverkauf wegen Geschäftsaufgabe. Frau Elbracht erzählte dem OELDER ANZEIGER, dass sie nach gut 47 Jahren genug gearbeitet habe.

Räumungsverkauf

Räumungsverkauf

Eine Nachfolge für das Geschäft an der Bahnhofstraße gibt es nicht. Die Töchter möchten es nicht übernehmen. Elbracht war über die Jahrzehnte eine Institution, wenn es um den Büro- und Schulbedarf in Oelde ging. Angefangen hatte alles 1949 in einem kleinen Lädchen mit winzigem Schaufenster im Estinghauserhof in Oelde. In dem großen Ladenlokal gegenüber vom Bahnhof konnte man auf ca. 450 m² vom Bleistift bis hin zu Büromöbeln eigentlich alles erwerben, was mit Farben, Papieren, Füllern, Kopierern etc. zu tun hatte.

Frau Elbracht spricht mit einem lachenden und weinenden Auge von dem Büro- und Schreibwarengeschäft und freut sich, dass es nun in den wohlverdienten Ruhestand geht.

Der OELDER ANZEIGER hat vom Inneren des Ladens keine Aufnahmen gemacht und auch nicht danach gefragt. Es sind noch viele Dinge wie Aktenordner, Stifte, Papiere, Grußkarten, Büromöbel im Angebot.

Elbracht

Wo geht man nun zum Füller Test mit den Kindern hin?

Elbracht

Du bist Oelder wenn, …. du noch Elbracht kanntest.