Die Oelder “Gasfabrik”
Oelder Geschichten und Geschichte.
Eine Erinnerung von Heinz Werner Drees und Norbert Löbbert.
Herbst und Winter sind bekanntlich die dunklen Jahreszeiten, die Tage sind häufig endlos grau und die Sonne lässt sich selten sehen. Es wird früh dunkel.
Vor vielen Jahren, als ich die Schulbank drückte, sah meine Freizeit ungefähr so aus: nach der Schule nach Hause gehen, Mittagessen, danach die Hausaufgaben erledigen. Anschließend gab es je nach Jahreszeit Gelegenheit für Sport, Spiel und Spannung. Aber bevor ich in der dunklen Jahreszeit das Haus verließ, wurde ich ermahnend daran erinnert: wenn die Laternen angehen, dann kommst du nach Hause !
Damals wurden die Laternen noch mit Gas betrieben und mir ist in Erinnerung geblieben, dass nicht-funktionierende Laternen von einem Mitarbeiter der Oelder “Gasfabrik” manuell entzündet wurden. Meistens kam in solchen Situationen der “Gasmann” mit dem Fahrrad. Dabei hatte er eine lange Stange, an deren Ende eine Art Haken angebracht war. Mit diesem Haken konnte er oben an der Laterne einen Ring ziehen und schon erstrahlte die Lampe im hellen Gaslicht.
Wir Kinder hatten unsere Freude an den Gaslaternen und häufig wurden diese für verschiedene Wurf- und Kletterübungen benutzt.
Wer konnte die Laterne hinaufklettern und durch ziehen am Ring ausschalten?
Wer konnte im Winter mit einem gezielten Schneeballwurf die Laterne “auswerfen”?
Im Jahre 1905 erteilte der Kreis Beckum die Genehmigung zum Bau einer “Gasfabrik” in Oelde. Der Standort der Anlage lag am Anfang der Rhedaer Straße und bestand aus einem Wohnhaus für den Gasmeister, dem Ofenhaus, dem Apparatehaus und zwei weiteren Hallen. Dazu kam ein 800 Quadratmeter großer Gasbehälter. Im Jahre 1916 wurde ein weiterer Gasbehälter von 600 qm dazu gebaut. Mit einem weit verzweigten Rohrnetz wurden alle bebauten Straßen in der Stadt mit Gas versorgt.
Im Jahre 1965 wurde der Betrieb der “Gasfabrik” eingestellt und anschließend wurde die Anlage abgebrochen.
In welchem Umfang der Boden am Betriebsgelände verseucht wurde und wie weit sich die Altlasten verbreitet haben, ist aus heutiger Sicht schwer zu klären. Es ist aber denkbar, dass Benzol, Teeröl, Säuren und andere Schadstoffe den Boden kontaminiert haben.
Das Rohrnetz und die Gasversorgung wurden von der damaligen VEW (Vereinigte Elektrizitätswerke Westfalen) übernommen. Heute leuchten die Straßenlaternen in Oelde elektrisch und werden von der EVO betrieben.