Bobfreunde Oelde: Auf schnellen Kufen unterwegs

Grafik © Norbert Löbbert

Grafik © Norbert Löbbert

Oelder Geschichte und Geschichten von Heinz-Werner Drees und Norbert Löbbert.

Die Tage werden kürzer, das neue Jahr wurde eingeläutet und der Winter steht vor der Tür. Eine Zeit beginnt, in der wir uns gern an vergangene Winterfreuden erinnern. Schneeballschlachten, Schlinderbahnen, Rodelabfahrten im Oelder Stadtpark oder an Bunnes Berg gehörten genau so wie das Schlittschuhlaufen   auf zugefrorenen Teichen und Tümpeln zu unseren wintersportlichen Freuden. Dazu gab es für die kundigen Skifahrer gelegentlich organisierte Fahrten in das benachbarte Sauerland.

Kaum zu glauben: In Oelde gab es vor einem halben Jahrhundert eine blühende Bob-Szene. In der ehemaligen Oelder Gaststätte Schlüter auf der Ruggestraße trafen sich um 1963 immer wieder einige Freunde, um dort bei einem Bier über “Gott und die Welt” zu plaudern. An einem dieser geselligen Abende entstand bei fünf Leuten die Idee, eine “Kneipenmannschaft” zu gründen und Bob zu fahren !

Aber wie kommt man auf dem flachen Land zu einem Bob? Das war kein Problem für Franz Löbbert, denn er hatte seit einigen Jahren Kontakte zum Wintersport nach Brilon und Winterberg. Außerdem war Franz Löbbert ein Tüftler, er nahm die Herausforderung an und konstruierte nach Vorbild der italienischen Podar-Schlitten einen eigenen Bob.

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Die Bauanleitung diente den Oeldern damals als Vorlage

Der italienische Dorfschmied Ewaldo d’Andrea aus Cortina hatte den Typ Podar konstruiert, den die Motorradfabrik Moto-Guzzi später weiter entwickelte.

Eine besondere technische Herausforderung war für Franz Löbbert und seine Freunde die Steuerung des Schlittens, denn Pilot Löbbert war durch eine Kriegsverletzung armamputiert und dadurch nur eingeschränkt steuerfähig.

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Die BOB-SPORT-GRUPPE-OELDE, als Mitglied im Winterberger Verein wurde gegründet und der Bob GÖTZ 1 OELDE wurde in kompletter Eigenleistung in der Schlosserei und Schmiede von “Bähnd” Bäumker auf der Ruggestraße in Oelde gebaut.

Die Pioniere bei der Arbeit. Rechts der einarmige Pilot Franz Löbbert während Bernhardt Bäumker die Schmiedeglut anheitzt. Der Helfer links im Bild ist leider unbekannt Foto © Bernhardt Bäumker

Die Pioniere bei der Arbeit. Rechts der einarmige Pilot Franz Löbbert während Bernhardt Bäumker die Schmiedeglut anheitzt. Der Helfer links im Bild ist leider unbekannt Foto © Bernhardt Bäumker

Der Bob vor der Götz Klause in der Ruggestraße

Der Bob vor der Götz Klause in der Lange Straße © Norbert Löbbert

und Max Schmeling

Heinrich Wiegard und Max Schmeling © Norbert Löbbert

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Götz I der Bobsportgruppe Oelde © Norbert Löbbert

Die Götz-Klause, vorher Krone, war eine in Oelde sehr bekannte Gaststätte. Als einmal, im August 1953, ein wachsamer Oelder Gesetzeshüter die Schließung der Gaststätte wegen Überschreitung der Sperrstunde verlangte, kam es zu einem Wortwechsel, in dem der Wirt  Heinrich Wiegard alias “Kronenheini” das Götz-Zitat (LEMIA) wiedergab. Die bald danach folgende gerichtliche Auseinandersetzung zwischen der Obrigkeit und einem braven Oelder Bürger entwickelte sich zu einer Posse, die bundesweit bekannt wurde. Durch prominente Besucher in seiner Gaststätte wie Heinrich George, Max Schmeling oder Sepp Maier wurden “Kronenheini” und seine Götz-Klause weit über Oelde hinaus bekannt.

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Gut zu erkennen das Franz Löbbert nur noch ein Arm hatte © Norbert Löbbert

Schon bald nach der Fertigstellung trainierte und fuhr die Oelder Mannschaft auf der Natureisbahn in Winterberg. Pilot im Bob war Franz Löbbert und Heinz Mittelstaedt war der zweite Mann und Anschieber. Als die Deutsche Meisterschaft im Bobfahren auf der Winterberger Eisbahn, die zu dieser Zeit die schnellste Natureisbahn in Deutschland war, ausgefahren wurde, wurden die beiden Oelder Bobfahrer Deutsche  Meister im Bob-Versehrtensport 1965!

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© Norbert Löbbert

Nach dem Gewinn der Meisterschaft wurde es für die BOB-SPORT-GRUPPE-OELDE immer schwieriger, als reine Amateure zu den damals nur im Winter stattfindenden Rennen in ganz Deutschland zu reisen. Ohne die Unterstützung von Sponsoren und durch die familiäre und berufliche Situation der Fahrer ging die aktive Ära der Oelder Bob-Freunde leider schon 1966 zu Ende.

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Mit ca. 80 Km/h im Durchschnitt rasten damals die Oelder Piloten im selbstgebauten Bob die Sauerlandbahn runter © Norbert Löbbert

Aber die Tatsache, dass einige Oelder eine kühne Idee und einen Traum hatten und diesen bis zum Sieg bei der Deutschen Meisterschaft realisierten (Ehrung der Versehrten) , lässt uns auch heute noch mit großer Achtung an die BOB-SPORT-GRUPPE OELDE denken!

Selbst in die Presse schaften es die Bobpiloten in den 60ern aus Oelde

Selbst in die Presse schaften es die Bobpiloten aus Oelde

Einen herzlichen Dank an Heinz Mittelstaedt, der mit seinem Wissen die Erinnerung zum Glühen brachte.

Heinz Werner Drees

Norbert Löbbert

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Ein Gedanke zu „Bobfreunde Oelde: Auf schnellen Kufen unterwegs

  1. Ich hatte viel Freude bei der Digitalisierung der alten Original Fotos. Die gesamte Bauanleitung habe ich digitalisiert, die man im Bericht sehen kann, sowie die Schreiben vom Bobsportverband.

    Meinen Opa, Franz Löbbert, der in dem Bericht erwähnt wird ( habe den Namen meiner lieben Frau angenommen), habe ich leider nicht mehr groß in Erinnerung. Ich war damals noch im Kindergartenalter und sehe Opa nur noch im Rollstuhl vage in meinen Erinnerungen.

    Ab und zu sprechen mich ältere Oelder auf meinen wohl leicht verrückten Opa an und ich kann leider wenig dazu sagen. Oft höre ich dann die Story, wie mein Opa einarmig in der Stahlkugel auf Sommers-Wiese als Sozius mitfuhr und er wohl ein harter Knochen war.

    Besonders freue ich mich über das Foto aus der Schmiede, was meinem Vater Norbert vom Seitenprofil doch stark ähnelt.

    Ich wünsche allen Lesern jedenfalls viel Spaß mit dem Artikel und den Jüngeren ebenso. Das Foto dass in der Schmiede gemacht wurde ist z.B. in dem Nebengebäude vom Tattoo-Studio Boogie Woogie in Oelde am Kreisverkehr der Glocke.

    Toll ist auch dass mir Frau Libor aus Oelde einen Auszug aus der alten Schülerzeitung mit einem Text zu meinem Opa geschickt hatte. Klasse, so macht die Arbeit Freude.

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