Standing Ovations für „Die Elenden“ an der Burgbühne Stromberg

Am letzten Samstag, den 06.08.2016 führte die Burgbühne Stromberg zum ersten Mal im Erwachsenentheater das Stück „Die Elenden“ nach Victor Hugo auf. Ein Theaterstück, was aktueller nicht sein könnte, über die politische Lage auf dem Erdball. Der OELDER ANZEIGER war bei der Premiere dabei und berichtet nachfolgend über Ungerechtigkeit, Rebellion, Mord und eine grandiose Leistung der Schauspieler.

Das Bühnenbild

Die Freilichtbühne vor der Wallfahrtskirche Heilig Kreuz in Stromberg wurde wieder einmal liebevoll von den Bühnenbauern dekoriert. Zylinder, die auf Stangen ruhten, eine Karre mit Säcken darauf, Holzfässer, Körbe, Stühle sowie eine Vielzahl an Häusern verwandelten die Treppenstufen der Kirche in ein belebtes Paris um 1832.

Vor der Aufführung

An dem besagten Abend haben wir vor Beginn des Stücks im Hinterhof des Spielerheims mit Tobias und Guido Huster sprechen können. Die beiden Brüder stehen bereits seit Jahrzehnten auf der Burgbühne und besetzten schon viele Rollen. Auf unsere Frage, ob sie nervös seien, antworten uns beide mit einem felsenfesten Nein.

Hinter dem Spielerheim

Guido wie auch Tobias waren eher gespannt auf die Reaktionen der Gäste. Guido Huster sagte uns, dass er bereits alles in den vielen Jahren erlebt habe, was einen nervös machen könnte.

Unter den anderen Darstellern herrschte eher lockeres Treiben. Einige rauchten noch eine Zigarette, während andere sich unterhielten oder lachten. Von einer nervösen Theatergruppe war nichts zu spüren.

Lebendiges Treiben und starke Szenen

Die Vielzahl von Schauspielern erweckte die große Burgbühne quasi zum Leben. Ein paar ältere Darsteller saßen zusammen und spielten ein Würfelspiel, während Wachleute ihre Waffen inspizierten. Ein Trupp aus bettelnden Frauen kauerte an einer Ecke, um Münzen zu erflehen, während in einer der Gaststätten die Studenten tranken und sich zum Putsch formierten. Es wurde mit dem Besen vor der Tür gekehrt und andere wiederum hielten einen Plausch.

Überall war was los auf der Bühne

In einer anderen Szene suchten Wachleute mit Fackeln nachts nach Verdächtigen und sorgten somit für ein feuriges Ambiente.

Hält man sich vor Augen, dass es sich hier um ein „Laien-Theaterspiel“ handelt, gelingt es den Darstellern trotz winziger Makel, ein Stück Weltkultur nach Stromberg zu bringen. Gerade diese kleinen Makel machen jedoch das gesamte Stück zu etwas Einzigartigem, was den Besucher anspricht.

Guido Huster in der Rolle des Jean Valjean bangt nicht nur um seine Tochter Cosette, sondern auch um sein Leben, während er gleichzeitig seine Tarnung aufrecht erhalten muss, um nicht von Marek Frankrone in der Figur des Inspektors Javert ertappt zu werden. Dieser kommt kühn und befehlshaberisch daher und kommandiert seine Polizisten auf der Jagd nach einem Ausbrecher.

Guido Huster hat hier schlechte Karten

Veronika Holthöfer in überzeugender Rolle der Tochter Cosette

Die Situation von Marek Frankrone ist auch nicht viel besser

Tobias Huster in der Figur des rebellischen Studenten spielt diese Rolle fabelhaft. Spätestens wenn er „…Freiheit und Demokratie!“ herausschmettert vergisst man gänzlich, dass es ein „Laientheater“ ist.

Tobias Huster wild entschlossen

Kenner von vergangenen Stücken der Burgbühne werden sich über die Stimmwandlung von Andreas Herzog in der Rolle des Thénadiers gewundert haben. Diese kam gaunerhaft und richtig dreckig daher und vermittelte direkt, dass es sich hier nicht um einen freundlich gesinnten Genossen handelt.

Andreas Herzog mit herlich dreckiger Stimme

Das große Finale wurde an einer imposanten Barrikade ausgefochten. Auf der einen Seite stehen fest entschlossen die Rebellen mit Gewehren und Pistolen für Demokratie und Freiheit, während es von der anderen Seite Kugeln hagelt aus den Büchsen der Gesetzeshüter. Die Haltung der Schauspieler mit den Waffen im Anschlag und die entschlossenen Schreie zum Angriff brachten die Spannung zum Kochen.

Nach dem Gefecht waren die Spuren verherend. Viele Rebellen starben in der Schlacht um Gerechtigkeit. Rauch, Tote, zerbrochene Herzen und eine zerschlagene Rebellion erinnern stark an derzeitige politische Ereignisse wie in der Türkei.

Der Regisseur

Die im Original 1.100 Seiten starke Fassung von „Die Elenden“ wurde vom Regisseur Hendrik Becker komplett überarbeitet und in eine Bühnenfassung umgewandelt. Die Vorbereitungszeit betrug für das Stück gute zehn Monate. Hendrik Becker konnte man während des gesamten Stückes auf dem Burgplatz beobachten, wie dieser mal nur da saß oder dann wieder nervös und mitfiebernd auf und ab rannte. Szenen, die uns etwas an  viele Fußballtrainer während der Weltmeisterschaft erinnerten.

Man erkennt den Regisseur an seiner grünen Mütze

Standing Ovations und Erleichterung nach der Aufführung

Die Zuschauer belohnten das dreistündige Stück mit einem stehenden Applaus. Das Stück „Die Elenden“ ist somit sehr gut angekommen und hat die anfangs erwähnte Spannung der Gebrüder Huster gewiss genommen.

Schön anzusehen war die sichtliche Erleichterung aller Schauspieler nach Vollendung der Aufführung. Diese versammelten sich im Bereich des Burgbrunnens und fielen sich vor Freude und Erleichterung in die Arme.

Die Elenden oder worum es in dem Stück geht

Nach langer Haft kehrt Jean Valjean, gespielt von Guido Huster, nach Frankreich zurück. Ein freundlicher Bischof nimmt ihn auf und hält sogar noch zu ihm, als er selbst von ihm bestohlen wird. Dankbar beschließt Valjean, nunmehr anständig zu leben. Er verschafft sich eine neue Identität, wird reich und unterstützt Arme und Entrechtete. Von denen gibt es im Paris von Anno dazumal viele. Liebevoll kümmert er sich um Veronika Holthöfer in der Rolle der kleinen Cosette, die nach dem Tod ihrer Mutter auf sich allein gestellt ist. Doch eines Tages kommt Inspektor Javert, dargestellt von Marek Frankrone, hinter das Geheimnis des Ex-Sträflings und als Cosette sich in einen studentischen Revolutionär verliebt, nimmt das Schicksal auf der letzten Barrikade der Revolution seinen Lauf.

Spielplan

Wer nun auf den Geschmack gekommen ist, sollte unbedingt die Burgbühne besuchen und unterstützen. An folgenden Tagen wird das Stück aufgeführt:

Samstag         13. August 2016 16:00 Uhr und 20:00 Uhr

Dienstag        16. August 2016 20:00 Uhr

Donnerstag    18. August 2016 20:00 Uhr

Samstag          20. August 2016 20:00 Uhr

Dienstag          23. August 2016 20:00 Uhr

Donnerstag     25. August 2016 20:00 Uhr

Samstag           27. August 2016 20:00 Uhr

Dienstag          30. August 2016 20:00 Uhr

Donnerstag     01. September 2016 20:00 Uhr

Samstag           03. September 2016 20:00 Uhr

Einen Kartenservice finden Sie hier: Burgbühne Stromberg

Hier eine Verfilmung von 1935.

 

 

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